Consulting ist längst kein Erfolgsgarant mehr für Unternehmen. So manch ein Unternehmen kann ein Lied singen von gescheiterten Beratungsprojekten. Um der Situation gegenzusteuern, legt Michael Mohe, Juniorprofessor für Business Consulting und Leiter der Forschergruppe CORE - Consulting Research an der Universität Oldenburg, eine Meta-Beratung nahe: Unternehmen sollen sich in Consultingfragen beraten lassen.
Herr Professor Mohe, als Leiter der Forschergruppe CORE - Consulting Research beschäftigen Sie sich mit dem Thema 'Meta-Beratung'. Was genau ist darunter zu verstehen?
Prof. Dr. Michael Mohe: Als wir vor knapp vier Jahren die Forschergruppe CORE - Consulting Research an der Universität Oldenburg gegründet haben, zeichnete sich im Beratungsmarkt gerade eine Umbruchphase ab: Die Arbeit der Consultants wurde zunehmend kritisch hinterfragt, und in vielen Klientenunternehmen wuchs das Bedürfnis, den 'Beraterwildwuchs' im eigenen Haus in den Griff zu bekommen. Genau hier setzt unser Ansatz der Meta-Beratung an. Die Meta-Beratung ist eine Form der Beratungs-Beratung, die Klienten in Fragen zur Beratung an sich berät - angefangen von der Beraterauswahl über die Systematisierung der internen Beratungslandschaft bis hin zur Evaluierung der Berater. Das grundsätzliche Ziel der Meta-Beratung besteht darin, Klienten Unterstützung für einen professionellen Umgang mit Unternehmensberatung anzubieten.
Woran hakt es genau? In welchen Punkten müssen die Kunden professioneller werden?
Mohe: Ein Problem ist z.B. der oft fehlende Marktüberblick. Aufgrund der Intransparenz auf dem Beratungsmarkt ist es für Kunden schwierig, für das jeweilige Problem den 'richtigen' Berater zu finden. Der Meta-Berater kann aufgrund seines guten Marktüberblicks Informationen über Beratungsanbieter, -produkte und -trends liefern und Klienten damit eine Orientierung über die Beratungslandschaft geben. Darüber hinaus besteht in vielen Unternehmen Intransparenz über die eigene Beratungssituation im Haus. Das heißt, es ist oft nicht bekannt, mit welchen Beratungen bereits zu welchen Themen zusammengearbeitet wurde, wie hoch die Summe der Beratungskosten ist und welcher Nutzen durch die Beratung realisiert wurde.
Was kann Meta-Beratung diesbezüglich leisten?
Mohe: Die Meta-Beratung kann den Systematisierungsprozess unterstützen, wenn hierfür intern keine Expertisen und Kapazitäten zur Verfügung stehen. Dies gilt insbesondere für die Entwicklung und Bereitstellung spezifischer Tools wie Beratungsverträge, Beraterdatenbanken, Beratungshandbücher oder Consulting Scorecards. Insgesamt bietet sich die Zusammenarbeit mit einer Meta-Beratung für Unternehmen an, die daran interessiert sind, die Transparenz über ihre interne Beratungslandschaft zu erhöhen, ihre Beratungskosten zu reduzieren und den Nutzen der Beratung zu steigern.
Welche Rollen übernimmt der Meta-Berater im Rahmen seiner Dienstleistung?
Mohe: Der Meta-Berater nimmt zwei Rollen ein: Zum einen die Expertenrolle, das heißt, er stellt Klienten Fachwissen, Methodenwissen und Erfahrungswissen für einen professionellen Umgang mit Beratung zur Verfügung. Zum anderen übernimmt der Meta-Berater eine nicht zu unterschätzende Reflexionsfunktion für das Management. Dazu schlüpft er in die Rolle des fragenden Beobachters, der seine Beobachtungen an den Klienten zurückspiegelt. Indem der Meta-Berater seine Beobachtungen mit spezifischen Fragen anreichert und damit Reflexionsprozesse auf der Klientenseite in Gang setzt, kann er dazu beitragen, verfestigte Gewohnheiten des bisherigen Umgangs mit Beratung zu hinterfragen und internalisierte Routinen aufzubrechen.
Sind die Anforderungen an einen Meta-Berater nicht sehr hoch...?
Mohe: In der Tat: Kompetenz und Neutralität sind zwei wichtige Anforderungen an Meta-Berater. Der Meta-Berater muss beispielsweise die 'Spieler und die Spielregeln' auf dem Beratungsmarkt kennen. Deshalb ist es gut, wenn er vorher selbst auf der Beraterseite Erfahrungen gesammelt hat. Außerdem ist es sehr nützlich, wenn er mit den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen aus der Beratungsforschung vertraut ist. Dazu ein Beispiel: Studien haben festgestellt, dass Klienten oftmals gar nicht das Ergebnis einer Beratung an sich, sondern die Qualität der persönlichen Kooperationsbeziehung zum Berater bewerten. Das Wissen um solche Dinge ist enorm hilfreich, wenn es darum gehen soll, in Klientenunternehmen ein Evaluationssystem aufzubauen.
Zudem ist Neutralität ein notwendiges Anforderungskriterium. Die Meta-Beratung darf nicht in den Verdacht geraten, dass sie mit bestimmten Bereichen im Klientenunternehmen und mit bestimmten Beratungsanbietern 'paktiert'.
Welche Haltung haben Unternehmensberater eigentlich gegenüber der Meta-Beratung?
Mohe: Im Wesentlichen gibt es auf der Beraterseite zwei Reaktionsmuster: Die einen sind irritiert, schockiert oder gar empört, wenn sie beispielsweise gebeten werden, Informationen und Kennzahlen von sich bereitzustellen, die dann in eine Beraterdatenbank beim Klienten eingespeist werden. Zum Glück ist die Anzahl der Unternehmensberater mit einer solchen Haltung recht gering. Viele Berater begreifen Meta-Beratung als Chance, um stärker im Klientenunternehmen sichtbar zu werden. Auch dazu ein Beispiel: Im Rahmen unserer Projekte haben wir mittels Befragungen festgestellt, dass Führungskräfte nicht selten mit den kleinen Beratungen zufriedener sind als mit den großen Bekannten. Sobald so etwas erfasst und in internen Rankings abgebildet wird, steigen für die kleinen Beratungsanbieter die Chancen, bei einer zukünftigen Auftragsvergabe stärker berücksichtigt zu werden. Die Meta-Beratung arbeitet also weder für noch gegen die Berater, sondern sie liefert einen Beitrag dazu, dass sich seriöse und kompetente Berater stärker von den schwarzen Schafen der Branche abgrenzen können.
Wie sind ihre persönlichen Praxiserfahrungen mit der Dienstleistung?
Mohe: Sehr positiv. Aber natürlich gibt es auch unter den Mitarbeitern in den Klientenunternehmen immer einige, die am Anfang eher verhalten reagieren. Da wird dann schnell die Frage gestellt, wozu man denn noch einen Berater für Beratung benötige. In der Regel können wir diese anfängliche Skepsis aber schnell ausräumen. Hat man sich erstmal mit der Meta-Beratung auseinander gesetzt, wird schnell der Mehrwert der Dienstleistung erkannt. Wenn wir im Rahmen unserer Projekte z.B. Interviews mit Führungskräften führen, dann machen wir dies mit dem Ziel, den Umgang des Unternehmens mit Beratung zu hinterfragen und die interne Beratungslandschaft zu optimieren. Allerdings nutzen auch einige Führungskräfte die Interviews als eine Art Ventil, um ihrem aufgestauten Ärger über bestimmtes Verhalten der Berater Luft zu machen. In diesen Fällen hat die Meta-Beratung einen sehr wertvollen psychologischen Effekt.
Wie viele Meta-Berater gibt es Ihres Wissens derzeit auf dem Markt?
Mohe: Nicht sehr viele, was auch den noch recht geringen Bekanntheitsgrad der Meta-Beratung erklärt. Im deutschsprachigen Raum gibt es meines Wissens etwa eine Handvoll Meta-Berater, wobei sich einige auf spezifische Beratungsfelder wie etwa auf die IT-Beratung spezialisiert haben. Andere wiederum kümmern sich primär um die Anbahnungsphase und unterstützen vor allem bei der Beraterauswahl.
Wie stehen die Chancen, dass sich die Dienstleistung auf dem Markt durchsetzt?
Mohe: Momentan scheint es so, dass die Nachfrage mit den vorhandenen Anbietern ausreichend abgedeckt werden kann. Allerdings wissen wir, dass einige Meta-Beratungen stark expandieren, und auch bei uns häufen sich die Anfragen.
Wir beobachten aber auch, dass einige Großkonzerne überlegen, Funktionen aufzubauen, die ihren Führungskräften eine interne Meta-Beratung anbieten. Auch hier kann die Meta-Beratung unterstützen: In einem aktuellen Projekt begleiten wir z.B. DaimlerChrysler dabei, eine solche Funktion aufzubauen.