'Es ist noch kein Unternehmen durch Weiterbildung saniert worden', kommentierte Guido Betz, Geschäftsführer des Kommunikations-Kollegs, Andernach, die Vortragsreihe 'Business Partner Weiterbildung' bei der MUWIT ´99 in Wiesbaden. Damit verkündete er keine große Neuigkeit, traf aber genau ins Spannungsfeld des 3. Kongresses für Weiterbildung und Personalentwicklung im März 1999.
Ob im Plenum oder in einer der fünf parallelen Vortragsreihen - immer wieder ging es bei der Veranstaltung des Institute for International Re-search (I.I.R.) um das Verhältnis von Zahlen und Menschen. Der Kongreß-Vorsitzende Prof. Peter Pawlowsky von der Technischen Universität Chemnitz sah in dieser Hinsicht die ca. 240 anwesenden Personalentwickler, Trainer und Berater gespalten: Entweder stünden sie auf der Seite von Technologie, Benchmarking und Controlling oder auf der Seite von Werten, Ethik und Emotionalität. Pawlowsky sprach von zwei gegensätzlichen Polen, die sich auf dem Kongreß herausbildeten.
Nicht länger aneinander vorbeireden
Die Lösung dürfte zwischen den Stühlen liegen: Management - orientiert am Shareholder-Value - und Personalentwickler - orientiert an den weichen Faktoren - sollten nicht länger aneinander vorbeireden, forderte Karsten Trebesch, Berater für Organisationsentwicklung, Köln. Die Zukunft liegt seiner Meinung nach bei Personalentwicklern, die auch mit harten Fakten umgehen können und sich in die Welt der unternehmerischen Leistungsprozesse begeben. Nur zehn bis 20 Prozent der heutigen Personalentwickler seien dazu in der Lage, faßte er seine Einschätzung provozierend in Zahlen.
'Ich kann Ihnen alles vorrechnen', kam es derweil selbstbewußt vom Gewinner des Weiterbildungs-Awards, den das I.I.R. gemeinsam mit dem Fachmagazin wirtschaft & weiterbildung verliehen hat. Zahlenspielen im Bereich Fortbildung erteilte Dr. Kirsten Schrick, Bereichsleiterin Call Center und Servicemanagement bei der Advance Bank, München, aber dennoch eine Absage. Man müsse wissen, daß der Erfolg von Trainings nicht vorhersehbar sei. Es komme auf den Mut an, ungewöhnliche Wege zu gehen.
Schrick präsentierte die Advance Bank als junges Unternehmen, bei dem jeder weiß, woran er ist. 'Wir brauchen keine Schlaftabletten', nahm sie bei ihrem Vortrag kein Blatt vor den Mund. Mit den Mitarbeitern werde offen über die Nachteile der Arbeitsplätze im Call Center gesprochen. Jeder kenne seine Ziele, aber auch die seines Vorgesetzten. Bei den Fortbildungsexkursionen, für die das Unternehmen gemeinsam mit dem Beratungsinstitut noesis, Leonberg, ausgezeichnet wurde, war meist der Vorstand mit von der Partie. Er schlüpfte z.B. im Schloßhotel Bühler Höhe ebenso wie die anderen Mitarbeiter der Advance Bank in die Rolle eines Kellners, Kochs oder Zimmermädchens, um Servicekultur einmal aus einer anderen Perspektive zu erleben.
Zu dem stimmigen Konzept paßte der Appell von Reinhard F. Leiter, Leiter Zentrales Bildungswesen bei der Allianz-Versicherungs AG, München: 'Gehen Sie Ihren eigenen Weg, den Weg Ihrer Firma!' forderte er die Unternehmen auf. Auch die Firmen-Vortragsreihe auf der MUWIT habe verschiedene erfolgreiche Ansätze aufgezeigt: Bei der Remscheider Firma Vaillant werde z.B. alles gemessen - von der Kundenzufriedenheit bis zum Seminarerfolg -, bei dem amerikanischen Konzern Gore stehe Prozeßbegleitung im Vordergrund, das schweizer Unternehmen Alu-suisse setze unter dem Schlagwort 'passion driven leadership' in erster Linie auf Visionen.
Dem eigenen Stern folgen
Jeder solle seinem eigenen Stern folgen, sagte auch Rupert Lay, der Managementtrainer und ehemalige Jesuitenpater, der den letzten Teil seines Begleitseminars im Plenum des Kongresses hielt. Seine Aufforderung bezog sich aber nicht so sehr auf den Arbeitsalltag der Personalentwickler. Er sprach aus der gesellschaftlichen Vogelperspektive, aus der sich Lücken nicht zwischen Betriebswirtschaft und Pädagogik, sondern zwischen 'lokal Armen' und 'global Reichen' auftun. Doch auch nach Lays Ansicht gilt für Unternehmen: 'Vertrauensfelder sind verträglich mit dem Betriebsergebnis.'