Spätestens ab 2006, wenn Basel II in Kraft tritt, gilt es: Unternehmen müssen ihre immateriellen Vermögenswerte gegenüber Kreditgebern transparent machen. Doch insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) stehen ratlos vor der Aufgabe, ihr Intellektuelles Kapital wie Mitarbeiterkompetenzen und unternehmensinternes Wissen offenzulegen. Hilfe bieten soll nun ein Leitfaden zur Erstellung einer Wissensbilanz, die die traditionelle Bilanz um die fehlenden immateriellen Kriterien ergänzt. Er ist im Rahmen eines vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (BMWA) in Auftrag gegebenen Pilotprojektes entwickelt worden, bei dem 14 deutsche KMU prototypische Wissensbilanzen erarbeitet haben.
Übergeordnetes Ziel einer Wissensbilanz ist es, sowohl das Humankapital (z.B. die Kompetenzen der Mitarbeiter) als auch das Strukturkapital (z.B. die Prozessorganisation) und das Beziehungskapital (z.B. die Kundenbeziehungen) sowie die Wechselwirkungen zwischen diesen Faktoren zu messen und zu bewerten. Der Leitfaden schlägt sechs Arbeitsschritte vor:
1. Beschreibung der Ausgangssituation:
Es gilt u.a., Möglichkeiten und Risiken im Geschäftsumfeld sowie die aktuelle strategische Ausrichtung der Organisation (wie wird am Markt agiert?) zu erfassen und zu dokumentieren. Die entscheidende Frage hier: Welches Wissen ist vorhanden, um die Geschäftsstrategie umsetzen zu können?
2. Erfassung des Intellektuellen Kapitals
Das Unternehmen muss seine Leistungsprozesse analysieren: Welche Leistungen werden verkauft? Welche zentralen Prozesse sind nötig, um diese Leistung zu erstellen? Und wo gibt es bereits bekannte Schwachstellen im Prozess? Zu betrachten sind zudem die Einflussfaktoren des Intellektuellen Kapitals: Im Bereich des Humankapitals stellt sich etwa die Frage, wie geeignete Mitarbeiter gefunden und ans Unternehmen gebunden werden. Hinsichtlich des Strukturkapitals muss u.a. analysiert werden, wie Wissen innerhalb von Abteilungen und Arbeitsgruppen ausgetauscht wird. Und beim Beziehungskapital ist z.B. zu erfassen, wie die Leistungen den Kunden vermittelt werden.
3. Bewertung des Intellektuellen Kapitals
Um einen Überblick über Stärken und Schwächen des Intellektuellen Kapitals zu erhalten, wird die Methode der Selbstbewertung empfohlen. Dabei soll die Ausprägung der zuvor identifizierten Einflussfaktoren im Hinblick auf den operativen Geschäftsablauf sowie auf die strategische Ausrichtung des Unternehmens bewertet werden. Darüber hinaus muss bewertet werden, wie im Unternehmen mit den Einflussfaktoren umgegangen wird.
4. Erfassung von Indikatoren
Zur Konkretisierung der Selbstbewertung sollen die Einflussfaktoren der Wissensbilanz mit messbaren Indikatoren in Form von Zahlen und Fakten hinterlegt werden. Kennzahlen sind z.B. die Weiterbildungstage pro Mitarbeiter, Mitarbeiterfehlzeiten sowie die Anzahl der
Kooperationspartner.
5. Kommunikation der Ergebnisse
Um die Wissensbilanz z.B. an Kreditgeber kommunizieren zu können, müssen die Ergebnisse in Form eines strukturierten Berichts beschrieben werden, der den Status Quo der Organisation sowie grundsätzliche Entwicklungsmöglichkeiten zeigt.
6. Steuerung des Intellektuellen Kapitals
Das Management steht nun vor der Herausforderung, die Entwicklungsoptionen gezielt anzugehen. Hierzu ist es wichtig, die Wechselwirkungen zwischen den Einflussfaktoren des Intellektuellen Kapitals zu analysieren, etwa mit der Sensitivitätsanalyse von Frederick Vester. Denn weiß das Unternehmen z.B., wie stark ein Faktor auf alle anderen Einflussgrößen wirkt und wie sehr dieser selbst beeinflusst wird, sind Aussagen zur Steuerbarkeit möglich.
Der Leitfaden zur Wissensbilanz kann beim BMWA kostenlos per Fax angefordert.