Hochkarätig war das Publikum der diesjährigen Learntec: Vom Studenten bis zum Personalentwickler fanden rund 2.000 interessierte Fachbesucher vom 3. bis 5. Februar 1998 den Weg ins Karlsruher Kongreß- und Ausstellungszentrum. Trotz breiter Ausrichtung (Schule - Hochschule - Wirtschaft) überzeugte der Kongreß mit begleitender Fachausstellung vor allem durch inhaltliche Tiefe. 'Lernen mit modernen Medien' stand sowohl bei den über 100 Ausstellern (nahezu doppelt so viele wie im Jahr zuvor) als auch bei den 150 Referenten im Zentrum. Während auf nahezu jedem Messestand mindestens ein Computer mit bunten Demonstrationen zum Anhalten einlud, ging es in den Foren und Vorträgen auch um didaktische und methodische Konzepte für das Lernen mit Multimedia.
Im Zentrum des Interesses stand das Computer Based Training (CBT). Die aus- und vorgestellten Lernprogramme reichten von einzelnen CBTs wie z.B. 'Führung 2000', einem hypertextbasierten Training von Führungsverhalten für Nachwuchskräfte - vertrieben von elora GmbH, Pfinztal - bis hin zu Komplettlösungen für die firmeninterne Weiterbildung. Bei letzteren, angeboten u.a. von ibis media, ets und Oracle, handelt es sich um netzwerkfähige Software-Anwendungen mit eingespielten Trainingsinhalten, aus denen der Nutzer mittels Menüsteuerung modular auswählen kann. Durch eine Art Lernverwaltung können Trainer und Personalentwickler überprüfen, was der Mitarbeiter bearbeitet hat und wo eventuelle Knackpunkte liegen. Denn, darin waren sich die Fachleute einig, beim Lernen mit CBT entstehe Betreuungsbedarf und diesen könne das Teletutoring decken.
Einigkeit herrschte auch dahingehend, daß das Selbstlernen im IT-Bereich bereits fest etabliert ist. Vor allem CBTs zu Office-Anwendungen sind keine Seltenheit mehr. Wer sich hier jedoch Videosequenzen vorstellte, lag falsch. Dr. Wolfram Peters, Geschäftsführer von Prokoda, Köln, erklärte in seinem Kurzvortrag zu der CBT-Reihe TutorWin: 'Wir glauben, daß ein Teletutoring für IT-Themen mit Audio-Leitung plus Application-Sharing ausreichend ist und kein Videobild benötigt.' Es mag an dieser, teilweise eben unspektakulären Aufbereitung der Lernprogramme gelegen haben, daß manch einem Teilnehmer das Neue an diesen Konzepten verborgen blieb. Wolfgang Steffens von der Düsseldorfer Firma M2S Multimedia Software Deutschland GmbH beispielsweise, der die schwedische Wit-Methode, eine multimediale Computerschulung am Originalprogramm, vorstellte, mußte sich während seines Kurzvortrages den Vorwurf gefallen lassen, der Unterschied zu herkömmlichen Assistentenprogrammen und Online-Hilfen sei nicht ersichtlich.
Tatsächliches Neuland stellte hingegen nach wie vor der Einsatz von CBTs im Verhaltenstraining dar. Abgesehen von dem Multimedia-Programm 'Der persönliche Berater' der IWL Martens Lehrsysteme GmbH und den Lernprogrammen von Xebec wurden vornehmlich firmenspezifische CBT-Programme präsentiert. Felix Wenger von HQ, Wiesbaden, stellte beispielsweise ein für die Deutsche Telekom entwickeltes CBT zur Vorbereitung auf Coachings vor. Anhand von Videosequenzen will das Lernprogramm Führungskräfte bei der Gesprächsvorbereitung und
-dokumentation unterstützen sowie die Mitarbeiter über den Sinn von Coachings informieren. Damit ist das vorrangige Ziel zunächst einmal erreicht: 40.000 Mitarbeiter und Führungskräfte der Deutschen Telekom wurden informiert und führen nun Coachings durch. Die Qualität der stattfindenden Gespräche steht indes auf einem anderen Blatt.
Inwiefern sich Multimedia und PC überhaupt zum Verhaltenstraining eignen, stand immer wieder im Focus der Diskussionen. Obgleich der Trend längst vorausgesagt ist, ist die Skepsis bei Trainern aus Angst vor Kompetenzverlust nach wie vor groß. Dennoch: Der Tenor der Fachwelt fiel positiv aus: CBTs könnten zu Verhaltensänderungen motivieren und zur Vor- und Nachbereitung genutzt werden. 'Interaktives selbstgesteuertes Lernen kann das klassische Seminar nicht ersetzen, sondern lediglich ergänzen und verbessern', nahm auch Siegfried Emmer, Geschäftsführer von Activ Consult, in seinem Vortrag über die Erstellung von Lernkonzepten Trainern die Angst vor dem Jobverlust. Die Zukunft liegt also in integrierten Bildungssystemen - einfach formuliert CBT + Training. Nach Ansicht von Joachim Hasebrock von der Bankakademie kommt es nur auf die richtige Kombination an: Informationsteile aus dem personalen Training raushalten und damit die Präsenzzeit des Trainers besser nutzen. Dieser Trend gilt jedoch nicht nur für verhaltensbezogene Themen.