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Learntec 2005: Musik, Rapid e-Learning und leere Gänge

Zum 13. Mal öffnete die Learntec vom 15. bis 18. Februar 2005 ihre Pforten. 8.000 Besucher fanden laut Messeleitung den Weg nach Karlsruhe. Dennoch blieben viele Sitzplätze auf dem Kongress unbesetzt, viele Gänge zwischen den Messeständen leer. Zu den inhaltlichen Höhepunkten zählte das Thema Rapid e-Learning, zu den innovativeren Events der Auftritt des Streichquartetts Carmina.

Ungewöhnliche Töne für einen Bildungs- und Informationstechnologie-Kongress: Aus einem der fensterlosen Tagungsräume des Karlsruher Kongresszentrums klingt Musik. Klassische Musik, live vorgetragen von dem Streichquartett Carmina. Die vier Profi-Musiker sind jedoch nicht zur Learntec gekommen, um die Teilnehmer der Sektion '1+1=11 - Szenarien des Intellectual Measurement' bestmöglich zu unterhalten. Zumindest nicht in erster Linie. Sie sind vielmehr Anschauungs- und Reflexionsobjekt: Anhand der Performance der Weltklasse-Musiker und im Dialog mit ihnen denken die Teilnehmer über Fragen nach, die heute nahezu jedes Unternehmen umtreiben. Was zeichnet Spitzenperformer aus? Wie lässt sich das Vermögen, der Wert eines Teams messen? Dabei fallen ebenso wichtige wie denkwürdige Statements in der Art 'Wer führen will, muss hören können' oder 'Erst das immaterielle Vermögen der Carmina macht ihr materielles (ihre Instrumente) zu etwas' oder 'Manchmal ist Können allein zu wenig, es muss Kunst werden.'

Unbesetzte Stühle im Kongress, leere Gänge auf der Messe

Die von Günther M. Szogs, Commerzbank AG, Frankfurt, moderierte Sektion gehörte zu den innovativeren Events dieser 13. Learntec, die vom 15. bis 18. Februar statttfand. Doch selbst bei dieser gut vorbereiteten und anregungsreichen Vortragsreiche blieben viele Stühle im Veranstaltungsraum leer. Ein Bild, das sich den Besuchern noch mehrfach präsentierte. So startete die auf 17 Uhr gelegte Podiumsdiskussion zum Thema 'Staatliche Reglementierung im e-Learning-Markt?' mit zunächst mehr Podiumsgästen als Zuhörern. Und auch auf der begleitenden Messe schienen die Gänge zwischen den Ausstellungsständen dieses Mal breiter geraten bzw. weniger frequentiert worden zu sein. Einige der nahezu 300 Aussteller nahmen die leeren Gänge zum Anlass, laut über eine erneute Teilnahme im nächsten Jahr zu diskutieren, andere fackelten nicht lange und packten ihre sieben Sachen, noch bevor die Messe offiziell zu Ende ging.

Laut Besucherstatistik der Messeleitung fanden aber immerhin 8.000 Interessenten den Weg nach Karlsruhe, nur 700 weniger als im Vorjahr. Ein Ergebnis, mit dem sich der Geschäftsführer der Karlsruher Messe- und Kongress-GmbH Günter Wohlfahrt im Hinblick auf die gesamtwirtschaftliche Situation zufrieden zeigt. Dass aber allein die Anzahl der Besucher noch kein messefüllendes Gesprächsvolumen verspricht, verdeutlicht eine weitere Zahl aus der Statistik: Viele Besucher widmeten der Learntec nur noch einen Tag ihrer Zeit, nicht wie in den Jahren zuvor gleich mehrere. Gut beraten waren daher jene Aussteller, die sich auf die Messe entsprechend vorbereitet hatten. 'Wir haben im Vorfeld Termine mit Kunden und potenziellen Kunden gemacht', erläuterte Sünne Eichler. Die Geschäftsführerin der Webacad, Eschborn, konnte daher nicht über Langeweile und Leerlauf klagen.

Vermisst: der Mittelstand als neue Zielgruppe für e-Learning

An Kritik an der Veranstaltung mangelte es indes selbst bei jenen nicht, die sich vier Tage lang nicht nur mit ihren Kollegen unterhalten mussten. So kritisierte etwa Peter Sprenger, Director Communications und Senior Consultant der imc AG, Saarbrücken, die fehlende Erschließung neuer Zielgruppen. 'Wir hätten gern mehr Vertreter des Mittelstands und der Trainergilde gesehen'. Anlass zur Kritik bot auch die Wahl des Partnerlands USA. Nicht nur, dass die Learntec im Untertitel die Vokabel 'europäisch' trägt. Mit Referenten und Ausstellern aus den USA schaffte sie für die hiesigen Anbieter Konkurrenz, aber wegen mangelnder US-amerikanischer Besucher keine neuen Kunden.

Besuchermagneten thematischer Art fehlten

Dass die Learntec an Anziehungskraft verloren hat, mag auch daran liegen, dass die Aussteller dieses Jahr keine bahnbrechenden technologischen Neuerungen zu vermelden hatten. Folglich fehlte es auch dem Kongress an echten Publikumsmagneten thematischer Art. Neuere Themen, die im Zusammenhang mit e-Learning andernorts diskutiert werden - wie Blogs, Webquests und adaptives Lernen - gingen in Karlsruhe fast restlos unter. Hier wurde indes das Thema 'Rapid e-Learning' als das virulenteste e-Learning-Thema gehandelt.

Rapid e-Learning: nicht neu, aber in

In Deutschland wird seit Anfang vergangenen Jahres, seit nämlich die amerikanische Firma Macromedia ihr Tool Breeze auf den Markt brachte, verstärkt über das Buzzword Rapid e-Learning diskutiert. Im Kern geht es dabei jedoch nicht, wie der Begriff vermuten lässt, um schnelleres Lernen, sondern um eine Methodik zur schnelleren Inhalteerstellung. 'Rapid e-Learning bedeutet einen Paradigmenwechsel, was den Produktionsprozess betrifft', erläuterte Frank Milius, Technologievorstand der imc AG in seiner Keynote. Aufbauend auf in Organisationen bereits vorhandenen Materialen, z.B. Powerpointfolien, erlaubt diese Art Autorentool mittels Screen-Grabbing eine schnelle und kostengünstige Contentproduktion. Neu sind jedoch weder die Verfahren, die bereits lange bekannt sind, noch die Tools. Das entsprechende Werkzeug der imc AG - Lecturnity genannt -, ist beispielsweise bereits vor dreieinhalb Jahren auf den Markt gekommen. Nichts desto trotz scheinen aber erst jetzt 'rapid contents' nachgefragt zu werden, z.B. von Großunternehmen, aber auch von dem als e-Learning-Kundengruppe noch wenig erschlossenen Mittelstand sowie von den Hochschulen. Frank Milius erläuterte die Anwendungsfelder: 'Rapid contents bieten sich an bei kleinen Zielgruppen, kurzer Nutzungsdauer der Inhalte und bei der Abbildung vieler Prozessvarianten.' Im Gegensatz zu Standard- und Individualcontent sei die Interaktion jedoch niedrig - sie bestünde etwa aus Links und Multiple-Choice-Fragen.

Vor allem die geringe Interaktion ist es dann auch, die Kritiker aus den Reihen der Contentproduzenten auf den Plan ruft. 'Ich befürchte, dass Unternehmen, die noch keine Erfahrung mit e-Learning haben und mit solchen Werkzeugen starten, von den Ergebnissen enttäuscht sind und sich dann wieder von e-Learning abwenden', teilte Sünne Eichler von Webacad ihre Bedenken mit. Die Geschäftsführerin ist vermutlich nicht die Einzige, die inzwischen vorsichtig ist mit hype-verdächtigen Neuerungen.

Doch glaubt man Prof. Dr. Winfried Sommer, wissenschaftlicher Leiter der Learntec, ist die Zeit der isolierten Betrachtung von e-Learning und seinen Tools verbunden mit einem katastrophalen Hype ohnehin vorbei. 'e-Learning ist zu einem selbstverständlichen Bestandteil der Geschäftsprozesse geworden. Diese Normalisierung tut gut', resümierte der Mitgründer der Learntec auf der Pressekonferenz. Weiter sagte er: 'e-Learning ist nicht mehr das Aufregendste.'

Wahre Worte? Jedenfalls stimmten sie für die diesjährige Learntec. Jochen Robes von X-Pulse, St. Ingbert, formulierte in seiner Nachbetrachtung zur Learntec unter www.weiterbildungsblog.de daher wohl zu Recht: 'Das innovativste der diesjährigen Veranstaltung war der Truck von Luigi Colani, der diese Woche in Karlsruhe auf dem Messevorplatz parkte'.
Autor(en): (Nicole Bußmann)
Quelle: Training aktuell 03/05, März 2005
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