Frank Milius zuckte mit den Schultern. Auf die Frage nach Trends im e-Learning wusste der Technikvorstand der imc AG, Saarbrücken, auch keine Antwort. Milius musste sich dafür nicht schämen, bahnbrechende Neuerungen technischer Art konnte auf der Learntec vom 4. bis 7. Februar 2003 in Karlsruhe keiner ausmachen. Was nicht heißt, dass die Messe floppte. Wie gewohnt konnten die Veranstalter, das Professoren-Duo Winfried Sommer und Uwe Beck, Erfolgszahlen verlesen: Die Besucherzahl blieb mit 9.000 auf dem Niveau des Vorjahres, die Ausstellerzahl stieg - trotz zahlreicher Insolvenzen in der Branche - von 280 auf 307.
'Kostengünstig' lautet die Anforderung der Unternehmen an e-Learning
'Es herrscht eine neue Sachlichkeit', kommentierte Andreas Närmann von der Detecon International GmbH, Bonn, die momentane Stimmung. Vorbei seien die Zeiten des überschwänglichen Technik-Hypes. Entsprechend genau hören die e-Learning-Anbieter inzwischen den Anforderungen ihrer Kunden zu, zum Beispiel der in diesen Zeiten häufig zu vernehmenden Forderung 'kostengünstig'. So hat die imc AG beispielsweise vernommen, dass die verschiedenen Unternehmen oft ähnliche Anforderungen an Lerninhalte stellen, mit Standard-Inhalten aber dennoch nicht zufrieden sind. Kurzerhand hat der Full-Service-Anbieter ein 'Corporate Content Exchange Network' ins Leben gerufen: Jetzt entwickeln Unternehmen wie E.ON, TUI und die Metro AG gemeinsam inhaltliche Anforderungen an WBTs und reduzieren damit die Produktionskosten.
Einen anderen Weg einer wirtschaftlichen Produktion von WBT-Anwendungen beschreitet M.I.T., Friedrichsdorf, mit ihren so genannten Content-Modellen. 'Anstatt jede Anwendung neu zu erfinden, greifen wir auf vorprogrammierte Templates zurück, die mit den individuellen Inhalten des Unternehmens gefüllt werden', erläutert Geschäftsführerin Astrid Tietgens das Vorgehen. So kann der Kunde zwischen drei Modellen wählen, die unterschiedlich ausgestattet ab 30.000 Euro aufwärts kosten.
Ohnehin war auf dieser Messe der Eindruck zu gewinnen, dass das Thema Content das Thema Lernplattformen mehr und mehr verdrängt. Viele der großen Unternehmen in Deutschland sind inzwischen mit Learning-Management-Systemen versorgt, manche sogar gleich mit mehreren von verschiedenen Anbietern. Ein Grund vermutlich, warum sich die imc AG im Ausland nach einem neuen Markt umschaut. Frankreich ist das erste Land, das die Saarländer strategisch angehen. Zum einen, weil die Lernkultur dort mit unserer vergleichbar ist, zum anderen, weil es keine originär französischen Lernplattformanbieter gibt.
Blended-Learning begeistert die Trainer
'Content drives e-learning' formulierte Volker Zimmermann von imc. Und Blended-Learning beflügelt es. Obwohl die Kombination von Präsenz- und Onlinephasen längst nichts Neues mehr ist, scheint sie erst jetzt - in Zeiten sinkender Bildungsbudgets - voll durchzuschlagen. Wahrgenommen wird sie nun auch von der Trainergilde. Das Trainersymposium, das dieses Jahr zum ersten Mal auf der Learntec stattfand, war mit 170 Teilnehmern ausgebucht, der Workshop zum Thema 'Bestehende Seminarkonzepte in Blended-Learning-Szenarien umwandeln' als erster voll. Und das, obwohl die e-Learning-Experten schon wieder ein neues Wort promoten: integriertes Lernen. Dieses kommt nach Blended-Learning und bedeutet die vollständige Integration der Lernprozesse in die Geschäftsprozesse. Auch ein Trend, aber eben kein rein technologischer.