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Internationaler Kongress für Systemaufstellungen: Aufstellungsarbeit hat ihren Platz gefunden

Die Systemische Aufstellung ist mittlerweile eine akzeptierte Methode in der Personal- und Organisationsentwicklung. Und dennoch: Wer noch nie eine Aufstellung miterlebt hat, kann sich nicht vorstellen, wie die Methode funktioniert. Der 5. Internationale Kongress für Systemaufstellungen Anfang Mai in Köln bot Einblick.

'Mein linker Arm ist ganz schwer. Er zieht mich irgendwie runter.' - 'Ich spüre ein Zittern.' - 'Ich habe das Gefühl, ich werde hier von den anderen gar nicht richtig gesehen...' - 'Mir ist unwohl an diesem Platz!' - Diese und ähnliche Aussprüche spontaner Empfindungen waren auf dem 5. Internationalen Kongress für Systemaufstellungen vom 4. bis 7. Mai 2005 in Köln des Öfteren zu hören. Zumindest in den Workshops für den Bereich Organisationsaufstellungen. Dort standen nämlich Demonstrationen der Methode der systemischen Aufstellungen stark im Vordergrund. So konnten sich auch jene Besucher, die noch nie eine Aufstellung erlebt hatten, eine Vorstellung von Aufstellungsarbeit machen. Denn für Laien mutet es oft seltsam an, dass Menschen, die in einem Raum fremde Personen repräsentieren, die Befindlichkeit dieser Personen wahrnehmen können. Kürzlich hat jedoch der Unternehmensberater Peter Schlötter mittels einer Studie den empirischen Nachweis erbracht, dass die Wahrnehmungen von Menschen bei bestimmten Figurenkonstellationen im Raum nicht auf Zufall basieren (vgl. Bericht über Schlötters Studie in managerSeminare März 2005, S. 16).

Organisationsaufstellung - und dann?

Dass die Methode der systemischen Aufstellung bei Fachleuten nicht mehr einem Rechtfertigungsdruck über ihre Wirksamkeit ausgesetzt ist, wurde nicht zuletzt auf dem Kongress deutlich. Die meisten Organisationsberater und Personalentwickler - zumindest die von größeren Unternehmen - kennen und schätzen die Methode. So ging es bei der Veranstaltung eher um die Frage, wie Organisationsaufstellungen in Beratungen und Personalentwicklungsmaßnahmen richtig einzubetten bzw. mit anderen Methoden zu kombinieren sind. Entsprechend war es nicht weiter erstaunlich, dass der von Regine Brick und Klaus Horn angebotene Workshop mit dem viel versprechenden Titel 'Organisationsaufstellung - und dann?' mehr als gut besucht war.

Die Aufstellungsarbeit in einen Prozess einbinden

'Am Anfang unserer Arbeit mit Systemaufstellungen haben wir gedacht, wir machen eine Aufstellung, und das Problem ist gelöst', eröffnete Regine Brick die Veranstaltung. Inzwischen sei man bescheidener geworden. 'Durch eine systemische Aufstellung ist feststellbar, welche Faktoren mit dem Problem des Klienten in Zusammenhang stehen. Für die Problemlösung bedarf es aber in der Regel eines längeren Prozesses', schildert Brick ihre Einsicht.

Das Erfassen eines so genannten Ist-Bildes eines Klienten indes kann mithilfe der Organisationsaufstellung relativ schnell erfolgen. Das demonstrierte nicht zuletzt die Aufstellung eines Problems aus dem Teilnehmerkreis. Dabei ging es um einen Mitgeschäftsführer eines Ingenieurbüros, der nach eigenen Worten seinen 'gemäßen Platz' im Unternehmen finden wollte. 'Ich habe keine Klarheit über meine Zuständigkeit und Kompetenz', klagte der Ingenieur. Kurz umriss er die Ausgangslage: Die anderen drei Geschäftsführer arbeiteten schon länger zusammen, bevor er hinzustieß. Er sei für Strukturen und Ordnung im Unternehmen zuständig, - das habe sich so ergeben. Die anderen Geschäftsführer missachten seiner Meinung nach aber ständig die von ihm aufgestellten Regeln und Anordnungen. Nachdem Brick und Horn wenige weitere Informationen eingeholt hatten, schlugen sie das Thema der Aufstellung vor: 'Wie muss das Team aufgestellt sein, damit Struktur und Ordnung einen guten Platz im Unternehmen haben?'

Aufstellungs-Demonstration im Workshop: Die Stellvertreter kamen aus dem Publikum

Für die zur Aufstellung nötigen Repräsentanten - neben dem Ingenieur selbst und seinen drei Geschäftsführer-Kollegen betraf dies den abstrakten Faktor 'Struktur und Ordnung' sowie das Unternehmensziel - wurden Freiwillige aus dem Publikum genommen. Sie wurden von dem Ingenieur so im Raum positioniert, dass sich eine für seine Begriffe treffende Konstellation ergab. Die wichtigsten Aussagen der Stellvertreter: Der Ingenieur fühlte sich an seinem Platz von keinem der Geschäftsführer wahrgenommen. Er selbst sah weder das Ziel noch Struktur und Ordnung. Ähnliches galt für die anderen Geschäftsführer. Überraschend: Die 'Struktur/Ordnung' nahm den Ingenieur ebenfalls nicht wahr. 'Es wirkt so, als sei der Klient in eine Leerstelle eingesprungen. Das Team scheint zudem führungslos, niemand fühlt sich verantwortlich. Dadurch fehlt Struktur und Ordnung in der Zusammenarbeit', so die erste Analyse von Brick und Horn. Man habe dem systemisch betrachtet 'Schwächsten und Jüngsten' einen Job aufgebürdet, den er nicht erfüllen kann. 'Vermutlich steckt hinter der Situation ein ganz anderes Problem. Ohne einen Einstieg in die Prozessarbeit - etwa durch ein Coaching - ist dieses aber noch nicht erkennbar', so die Berater.

Doppelrolle für den Coach: Stellvertreter und Leiter der Aufstellung

Coachings folgen laut Brick und Horn häufig einer Aufstellung. Umgekehrt ist es aber auch möglich, systemische Aufstellungen in eine Einzelberatung zu integrieren - etwa, wenn es um eine Beziehungsklärung des Klienten geht. Der Coach kann dann selbst die Rolle des Stellvertreters übernehmen, wie Friedrich Assländer, Unternehmensberater aus Würzburg, im Workshop 'Coaching und Aufstellungen' erläuterte. Das heißt: Der Berater lässt sich vom Klient aufstellen (als die Person, mit der der Konflikt besteht), der Klient steht für sich selbst. 'Das Schwierige bei der Aufstellung mit einer Person ist, dass der Berater zwei Rollen einnimmt: Er agiert als Stellvertreter und ist zudem Leiter der Aufstellung', sagte Assländer. Es sei daher hilfreich, 'Regieanweisungen' wie Rollentausch oder Positionswechsel jeweils anzukündigen. 'Immer wenn der Berater als Leiter der Aufstellung spricht, sollte er ein paar Schritte von seinem Platz als Stellvertreter wegtreten', so Assländer.

Überzeugungsarbeit heißt Vertrauen gewinnen

'Wichtig ist, auf das Schutzbedürfnis des Klienten zu achten', betonte der Würzburger Unternehmensberater. Nicht jeder Klient sei bereit, in einer Aufstellung selbst mitzuwirken. Alternativ sei eine Aufstellung mit Figuren, Holzklötzchen oder so genannten Bodenankern möglich.

Was zu tun ist, wenn der Klient sich nicht auf eine Aufstellung einlassen will, war auch Thema im Workshop von Brick und Horn. 'Die Überzeugungsarbeit besteht darin, das Vertrauen des Klienten zu gewinnen', betonten die Berater. Auf keinen Fall dürfte dieser überrumpelt werden. Regine Brick: 'Möglich ist z.B., die Konstellation zunächst am Flipchart aufzuzeichnen und dann folgenden Vorschlag zu machen: Wäre es nicht hilfreich, zu schauen, wie es den Leuten geht?'
Autor(en): (pwa)
Quelle: Training aktuell 06/05, Juni 2005
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