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Interkulturelle Insulaner auf Paul's Island

Zwei junge Psychologinnen haben sich der Frage gestellt, wie sich interkulturelle Kompetenz möglichst interaktionsorientiert und realitätsnah vermitteln lässt. Das Resultat: die Adaption des Planspiels Paul‘s Island für interkulturelle Trainings und eine Auszeichnung auf der Learntec.

Wenn mehrere Leute gemeinsam eine knifflige Aufgabe lösen müssen, kommen sie sich zwangsläufig näher – und lernen dabei die eigenen und fremden Spleens besser kennen. Davon gehen zumindest Johanna Brauckmann und Julia Hübsch aus. In ihrer Diplomarbeit haben die beiden Psychologinnen auf dieser Idee aufbauend einen interkulturellen Trainingsansatz entwickelt – und dafür auf der Learntec 2010 den ersten Deutschen Planspielpreis bekommen, den das Zentrum für Managementsimulation der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Kooperation mit dem Verband SAGSAGA vergibt. Die knifflige Aufgabe, die es in ihrem Training zu lösen gilt, ist das Planspiel 'Paul‘s Island', das 2005 am Institut für Theoretische Psychologie der Universität Bamberg entwickelt wurde, um den Umgang mit komplexen Problemen zu trainieren. Ziel des Spiels ist es, eine Karibikinsel nachhaltig zu bewirtschaften – eine Herausforderung, die in dem Konzept von Brauckmann und Hübsch von einer international zusammengesetzten Spielergruppe bewältigt wird. Dabei haben die Teilnehmer zahllose Handlungsmöglichkeiten ohne Rollen- und Zielvorgaben. Jede Entscheidung hat jedoch vielfältige Auswirkungen in dem komplexen System. Absprachen sind also unverzichtbar – egal, ob es darum geht, eine Bananenplantage anzulegen oder einen Flughafen zu bauen.

Reflexionspausen für Insulaner

Dabei treten zwangsläufig kulturtypische Kommunikations- und Verhaltensmuster auf, sind die beiden Nachwuchs­trainerinnen überzeugt. Um diese umfassend analysieren zu können, haben Brauckmann und Hübsch in ihrem Konzept zusätzlichen Raum für Reflexion vorgesehen: Schon während der Planspielphase können die Teilnehmer in Reflexionspausen ihre interkulturellen Erfahrungen festhalten. Ausgetauscht werden die Erlebnisse dann in der anschließenden Reflexions- und Analysephase, in die auch der Trainer seine Beobachtungen des Spielgeschehens einbringt. In Diskussionen und Feedbackrunden werden hier beispielsweise Kommunikationsregeln, Arbeitsstile und kulturelle Werte thematisiert. Die Transferphase schließt das Training mit spezifischen Übungen – wie der Ableitung individueller Vorsätze – und Follow-up-Interviews ab. Vor allem in der Spielphase wird interkulturelles Wissen nicht nur theoretisch vermittelt, sondern auch erlebt, betonen die jungen Trainerinnen. Und zwar äußerst realitätsnah: 'Die komplexe Aufgabe bildet die Anforderungen realer Arbeitssituationen optimal ab', meinen Brauckmann und Hübsch.

Für die Jury des Planspielpreises war neben der Praxisnähe jedoch vor allem die solide theoretische Einbettung des Konzepts ausschlaggebend. 'Innovativ ist die Verknüpfung des Planspielansatzes mit grundsätzlichen Fragestellungen zur Förderung interkultureller Kompetenz', so der Laudator Stefan Rappenglück. Denn unter anderem liefern die Autorinnen neue Begriffsdefinitionen sowie einen Vergleich existierender Trainingsansätze und eine umfassende Evaluation des eigenen Konzepts.
Autor(en): (lis)
Quelle: Training aktuell 03/10, März 2010
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