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Honorare im Aufwind?

Das Konjunkturbarometer steigt und mit ihm wachsen die Hoffnungen der Weiterbildner: Ist die Zeit der knallharten Preisverhandlungen mit knausrigen Unternehmen vorbei? Wird es wieder einfacher, angemessene Preise durchzusetzen? Training aktuell hat sich umgehört.

Wenn die Nachfrage steigt, steigt der Preis – sagt eine alte Regel der Marktwirtschaft. Was den ersten Punkt betrifft, sind die Trainer optimistisch: Für das Jahr 2010 erwarten 40 Prozent der Weiterbildungsinstitute Umsatzsteigerungen von bis zu zehn Prozent, wie eine Verbandsumfrage des Wuppertaler Kreises e.V. im August 2010 ergab. Es bleibt die Frage: Wird der Umsatz nur durch neue Aufträge generiert oder auch durch steigende Tagessätze? Wie sieht die Situation nach der Krise aus: Können Trainer wieder auf höhere Honorare hoffen?

Die Frage treibt derzeit viele Weiterbildungsanbieter um, hat Hanspeter Reiter, Vorstandssprecher des Gabal-Verbandes beobachtet. Er sieht zwei Gründe: 'Zum einen ist die Sommerpause vorbei und die unternehmerischen Planungen für 2011 sind in vollem Gange. Zum anderen ist die wirtschaftliche Lage der Kunden besser und die Dienstleister überlegen, wie sie davon profitieren können.' Reiter ist davon überzeugt, dass sich die anziehende Konjunktur bereits positiv auf Honorarverhandlungen ausgewirkt hat: 'Derzeit ist es wieder leichter, einen angemessenen Preis durchzusetzen', hat der Verbandsvorsitzende beobachtet. Sogar Trainer, die im vergangenen Jahr von ihren Standardhonoraren abgerückt waren, können seiner Meinung nach zu ihrer Zielgröße zurückfinden. Immerhin, so Reiter, sind Trainer, die ihren Tagessatz nach unten korrigiert haben, dem Unternehmen in der Krisensituation entgegengekommen. 'Weiterbildner können verlangen, dass der Kunde jetzt, wo es wieder bergauf geht, wieder einen höheren Preis zahlt.'

Unternehmen kalkulieren hart

Dass Entgegenkommen bei der Kostenkalkulation der Firmen eine Rolle spielt, bezweifelt Jutta Häuser. Ihrer Meinung bleibt es für Trainer und Coachs unverändert schwer, ihre Vorstellung durchzusetzen. 'Viele Unternehmen haben in der Krise erfahren, dass es auch billiger geht. Warum sollten sie jetzt freiwillig mehr zahlen?', spitzt die Trainervermittlerin zu. In den vergangenen Jahren haben die Unternehmen gelernt, knallhart zu kalkulieren – und rücken jetzt nicht mehr von dieser Haltung ab. 'Es wird derzeit viel mehr über Preise geredet, viel mehr verhandelt', hat die Dortmunderin beobachtet.

Sogar Zahlungsziele sind Thema

Neben den Personalentwicklern sitzen immer häufiger auch Controller und Einkäufer mit am Verhandlungstisch und bringen neben dem Honorar auch nachgeordnete Details wie Zahlungsmodalitäten ins Gespräch, so die Erfahrung der Trainervermittlerin. 'Dann wird eben diskutiert, ob man das Zahlungsziel von 30 auf 90 Tage erhöht', berichtet Häuser. 'Absurd', findet sie diese Diskussionen bisweilen ('Muss sich ein DAX-Konzern Geld von einem Trainer leihen?'), aber Dienstleister können sich dieser Entwicklung nicht entziehen.

Über Geld spricht man nicht – eine Haltung, die viele Weiterbildner immer noch verinnerlicht haben. 'Die meisten Trainer sind sehr beziehungsorientiert und haben Angst, dass sie die Beziehungen zum Kunden belasten, wenn sie ihren Forderungen deutlich Nachdruck verleihen', weiß Häuser. Knallharte Verhandlungen sind vor allem den Trainern, die selbst nicht Verkaufs- oder Vertriebstrainings anbieten, fremd. Viel zu schnell ziehen sie sich zurück und lassen den Auftrag lieber sausen, statt sich ums Kleingedruckte zu streiten. Laut Häuser führt aber kein Weg daran vorbei: 'Verhandlungsführung ist eine Kompetenz, die viele Trainer stärken müssen.'

David gegen Goliath

'Der Preisdruck ist größer geworden', ist auch Hilde Kuch-Kuthe sicher. Die Unternehmensberaterin hilft Selbstständigen und kleinen Unternehmen quer durch alle Branchen beim Thema Preisgestaltung und gibt ihnen vor allem eine Frage mit auf den Weg: Welche Kunden will ich haben? Kuch-Kuthe warnt ihre kleinen Kunden etwa vor großen DAX-Unternehmen: 'Das ist wie bei David gegen Goliath – ein ständig ungleicher Kampf.' Neben der Größe des Kundenunternehmens spielt auch dessen Kultur eine Rolle. Von Unternehmen, die aus Prinzip um jeden Cent feilschen, rät die Beraterin ab: 'Das ist zermürbend und macht keinen Spaß.'

Preissensible Kunden sind für kleine Dienstleister ohnehin ein schlechter Geschäftspartner. Denn: 'Diese Unternehmen sind sehr wechselwillig. Wenn sie einen Dienstleister finden, der ein bisschen billiger ist, sind sie sofort weg.' Die Lösung laut Kuch-Kuthe: Freelancer und kleine Unternehmen müssen versuchen, sich über einen USP im oberen Preissegment zu etablieren. Das gelingt am besten über ein Angebot, das den Kunden einen hohen Nutzen verspricht. Die Metapher der Beraterin: 'Wenn ich die Feuerwehr brauche, frage ich auch nicht nach dem Preis.'

Mehr Honorar durch Branchenwissen

Dass Trainer sich derzeit weniger über den Preis als über das eigene Profil Gedanken machen sollten, findet auch Marketingberater Bernhard Kuntz. Seiner Meinung nach ist bei den Kunden das Thema Honorar derzeit weniger aktuell als der Return on Investment. 'Seit der Krise schauen Unternehmen ganz klar, wie die Input-Output-Relation einer Weiterbildungsmaßnahme ist.' Die Folge: Nice-to-have-Themen oder Seminare zu Basisthemen, die in Boomzeiten einfach wegen der Weiterbildungsquote gebucht wurden, stehen jetzt auf der roten Liste. Qualifizierungen allerdings, die dem Unternehmen einen großen Nutzen versprechen, werden weiterhin gebucht. Und: Trainer, die über Spezial- und Branchenwissen verfügen und konkrete Problemlösungen versprechen, müssen sich nicht vor Honorarverhandlungen fürchten. Im Gegenteil: 'Einige konnten sogar in der Krise die Preise erhöhen.'

Trainer, die ihre Honorare anheben können, werden aber auch in Zukunft zur Minderheit gehören, meint Kuntz. Seine Prognose: 'Langfristig werden die in Training und Beratung gezahlten Preise eher sinken.' Drei Gründe sieht Kuntz für diese Entwicklung. Erstens: 'Die Zahl der Mitbewerber im Massenmarkt nimmt weiter zu.' Dazu kommt: die Professionalisierung des Einkaufs auf der einen Seite und das neue Image der Weiterbildung auf der anderen. 'Standardtrainer werden wie 'stinknormale' Freelancer betrachtet und eingekauft', so Kuntz. In diesem Klima tun sich auch die Stars der Branche schwer: 'Im obersten Preissegment ab 3.500 Euro Tageshonorar erlebe ich derzeit starke Einschnitte', hat etwa Trainervermittlerin Jutta Häuser beobachtet. Zu billig darf es nicht sein – zu teuer aber auch nicht. Der Weg durch den Preisdschungel bleibt für Trainer auch in Zukunft ein schmaler Pfad.

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Verhandlungstipps

>> Flexibel sein
'Wenn die firmeninterne Vorgabe lautet, keinen Trainingstag über 1.500 Euro zu buchen, dann gibt es daran nichts zu rütteln. Aber es gibt einen Weg, wie der Trainer doch noch an sein Ziel kommt: Er handelt einen zusätzlichen Konzeptionstag für 900 Euro heraus und ist dann in der Summe bei den 2.400 Euro, die er sich vorgenommen hat.'
Bernhard Kuntz, Die PRofilberater GmbH, Darmstadt

>> Grenzen setzen
'Ein deutliches Nein vonseiten der Trainer ist nicht das Aus für eine Kundenbeziehung. Das Buch von William Ury macht sehr gut deutlich, dass es für eine gute Verhandlung sogar nötig ist, Grenzen zu setzen.' (William Ury: Nein sagen und trotzdem erfolgreich verhandeln. Campus, Frankfurt 2009)
Jutta Häuser, Wirtschaftspsychologische Beratungsgesellschaft Jutta Häuser mbH, Dortmund

Autor(en): (Corinna Moser)
Quelle: Training aktuell 10/10, Oktober 2010
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