Einmal jährlich sollen die Angestellten der Metall- und Elektroindustrie laut Tarifabschluss mit ihrem Vorgesetzten über ihren Qualifizierungsbedarf sprechen. Welche Auswirkungen wird das neue Recht haben? Was bedeutet es für Mitarbeiter, Unternehmen und Wirtschaft? Training aktuell hat sich umgehört.
Andreas Storm, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), Berlin:
'Eine gute Qualifikation ist der Schlüssel für den Erhalt des Arbeitsplatzes. Einmal erworbene Fertigkeiten müssen immer wieder an neue Anforderungen angepasst werden. Zudem trägt eine verstärkte Weiterbildungsbeteiligung der Arbeitnehmer dazu bei, dass der Wirtschaft gut ausgebildete und motivierte Fachkräfte zur Verfügung stehen. Deshalb sollte die regelmäßige berufliche Weiterbildung auch vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung zur Selbstverständlichkeit in den Betrieben werden. Tarifvertraglich vereinbarte Qualifizierungsgespräche können hierfür ein hilfreiches Instrument sein.'
Claudia Arnold, Pressesprecherin Robert Bosch GmbH, Stuttgart:
'Regelmäßige Mitarbeitergespräche, die auch das Thema Qualifizierung beinhalten, sind für unsere Angestellten seit vielen Jahren ein selbstverständlicher Teil der Personalentwicklung. Nach der Einführung des Qualifizierungs-Tarifvertrags in Baden-Württemberg in 2001 haben wir eine Betriebsvereinbarung für die Standorte der Robert Bosch GmbH abgeschlossen, mit der wir die Ermittlung des Weiterbildungsbedarfs für alle Mitarbeitergruppen festlegten. Die Einführung ähnlicher Verträge in anderen Tarifgebieten erfordert deshalb keine nennenswerte Änderung unseres Vorgehens. Als international tätiges Unternehmen, das auf innovative Produkte und Dienstleistungen setzt, haben wir ein sehr hohes Eigeninteresse an Weiterbildung. 2005 haben wir allein in Deutschland mehr als 100 Millionen Euro für dieses Thema ausgegeben.'
Dr. Markus Promberger, Fachreferent am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), Nürnberg:
'Der neue Tarifvertrag setzt ein Zeichen und drängt Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen dazu, sich über Qualifizierung und Weiterbildung zu verständigen. Als Ertrag für beide winkt, wenn es klappt, eine echte Standort- und Beschäftigungssicherung. Doch Tarifverträge werden nur dann richtig wirksam, wenn es den Betriebsparteien gelingt, sie mit Leben zu füllen. Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer, ein Qualifizierungsgespräch ist noch keine Qualifizierung. Ob der Tarifvertrag tatsächlich die erwünschten Effekte zeigt, muss sich also erst erweisen. Ein Schritt in die richtige Richtung ist er allemal.'
Dr. Dieter Gnahs, Leiter des Programmbereiches 'Lehren und Lernen in der Weiterbildung' am Deutschen Institut für Erwachsenenbildung, Bonn:
'Die Regelung ist sehr zu begrüßen. Sie ist ein Impuls sowohl für die Beschäftigten als auch für die Vorgesetzten, zumindest ein Mal im Jahr über die Wichtigkeit von Qualifizierung nachzudenken. Es ist zu hoffen, dass diese Gespräche nicht folgenlos bleiben und zu Weiterbildungsteilnahmen führen. Hilfreich wäre es, wenn diese Regelung auf ihre Wirksamkeit hin überprüft wird, um ihre Erfolgsbedingungen zu verbessern bzw. mögliche Hemmnisse zu erkennen.'
Michael Scheuer, Pressesprecher Siemens AG, München:
'Durch den Tarifvertrag für Qualifizierung und Innovation wird sich in unserem Unternehmen nichts ändern. Denn regelmäßige Mitarbeitergespräche sind bei Siemens bereits seit rund einem Jahrzehnt Usus. Die Personalentwicklung arbeitet unter dem Motto 'Entwickeln, Fördern, Anerkennen'. Die bestmögliche Qualifizierung unserer Mitarbeiter gehört selbstverständlich dazu. Denn die Mitarbeiter sind der Schlüssel zum Erfolg von Siemens. Wir setzen deshalb unter dem Motto 'People Excellence' alles daran, weltweit die besten Mitarbeiter zu entdecken, einzustellen und systematisch zu entwickeln.'