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Frank Bresser: 'Coaching ist europaweit im Aufwärtstrend'

Wie sieht der Coaching-Markt in Europa aus? Dieser Frage ist das Kölner Unternehmen Bresser Consulting in seinem European Coaching Survey nachgegangen. Für die Studie wurden Coaching-Verbände, -Ausbilder und -Anbieter aus 35 europäischen Ländern befragt. Training aktuell sprach mit Studienautor Frank Bresser über die wichtigsten Ergebnisse.

Coaching in 35 europäischen Ländern – gibt es mehr Gemeinsamkeiten oder mehr Unterschiede?

Frank Bresser: Auf alle Fälle sehr viele Unterschiede – auch bezüglich der Akzeptanz und Verbreitung. Eine europäische Einheit ist im Bereich Coaching noch lange nicht in Sicht.

In welchen Ländern spielt Coaching eine wichtige Rolle?

Bresser: Laut unserer Studie sind europaweit ca. 16.000 bis 18.000 Coaches aktiv. Das Überraschende ist: 70 Prozent aller EU-Coaches arbeiten in Deutschland und Großbritannien. Das ist enorm – vor allem, wenn man bedenkt, dass nur 30 Prozent der EU-Bevölkerung in diesen Ländern wohnen.

In welchen Ländern ist Coaching noch unbekannt?

Bresser: In den ehemals kommunistisch regierten EU-Mitgliedstaaten ist der Coaching-Markt kaum ausgebildet. In den osteuropäischen Ländern arbeiten nur drei bis vier Prozent aller Coaches – obwohl hier 20 Prozent der EU-Bevölkerung leben. Diese Länder tasten sich erst langsam und vorsichtig an das Phänomen Coaching heran.

Wie werden sich die Coaching-Märkte entwickeln?

Bresser: Coaching ist europaweit im Aufwärtstrend. Nur in Norwegen und teilweise in den Niederlanden gibt es erste Anzeichen für eine Marktsättigung. In Deutschland und Großbritannien wird der Markt meiner Einschätzung nach vorerst noch weiter wachsen.

Wie groß sind die Chancen für Coaches, außerhalb ihres Heimatlandes zu arbeiten?

Bresser: Das kann man nicht verallgemeinern. In manchen Ländern, z.B. den Benelux-Staaten, ist die Chance ganz gut – vorausgesetzt, die Sprachkenntnisse sind vorhanden. In anderen Ländern ist dies sehr schwierig. Norwegen und Portugal sind zwei Beispiele. Hier basiert das Coaching sehr stark auf den jeweiligen kulturellen Werten des Landes –; für ausländische Coaches ist es deshalb sehr schwer, hier Fuß zu fassen.

Sie haben für Ihre Untersuchung nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ geforscht. Unterscheidet sich das Coachingverständnis in den einzelnen Ländern?

Bresser: Ja, sehr. Nehmen wir nur die Frage des direktiven/nicht-direktiven Coaching-Ansatzes. In Portugal, Russland oder Irland tendieren die Coaches dazu, direkter zu kommunizieren und konkrete Ratschläge zu geben. Im Gegensatz dazu finden wir in Großbritannien und insbesondere in skandinavischen Ländern eher weniger direktive Ansätze. Hier steht die Lösungsentwicklung durch den Coachee im Mittelpunkt. In Deutschland und den Niederlanden liegt die Arbeitsweise der Coaches irgendwo zwischen diesen Polen.

Die europäischen Coaches arbeiten nicht nur anders – sie sind auch unterschiedlich gut ausgebildet. Wie steht es um die Professionalität der Zunft in den verschiedenen Ländern?

Bresser: Auch hier gibt es ganz große Unterschiede. In Deutschland und in Großbritannien ist die Diskussion um Qualitätsstandards schon sehr weit fortgeschritten. In den meisten EU-Ländern ist der Weg zur Professionalisierung jedoch noch ziemlich weit. So gibt es nur in wenigen Staaten eigene Coaching-Berufsverbände. Und in nur sieben Staaten der EU nehmen Coaches regelmäßig Supervision in Anspruch. 

Was kann den europäischen Coaching-Markt insgesamt voranbringen?

Bresser: Es wäre sicher hilfreich, wenn die Coaching-Netzwerke und -Verbände europaweit noch enger zusammenarbeiten und voneinander lernen würden.


Autor(en): (Corinna Moser)
Quelle: Training aktuell 03/08, März 2008
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