Der E-Learning-Markt für Senioren steckt noch in den Kinderschuhen. Das hat ein kürzlich durchgeführtes Monitoring des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung (ISI) ergeben. Im Interview mit Training aktuell spricht Projektleiter Peter Georgieff über die wichtigsten Erkenntnisse der Untersuchung.
Herr Georgieff, ältere Menschen haben kein Interesse an den neuen Medien, geschweige denn, dass sie E-Learning nutzen. Was ist dran an diesem Klischee?
Peter Georgieff: Das Lernen mit dem Computer und im Internet ist für Ältere in der Tat noch eine Ausnahme. Allerdings ist der Grund dafür, dass das Lernen mit den neuen Medien bei dieser Zielgruppe bislang noch nicht angekommen ist, nicht mangelndes Interesse. Eine generelle Ablehnung der neuen Medien von Seiten der Senioren konnten wir in unserer Studie nicht feststellen. Es gibt viele an Bildung und Technik interessierte ältere Menschen, die digitalen Bildungsangeboten offen gegenüberstehen. Es verhält sich vielmehr so, dass kaum zielgruppenspezifische Angebote auf dem Markt vorhanden sind. Das, was es momentan gibt, sind in der Regel Modellprojekte, – größtenteils von der EU gefördert. Die sind auch wichtig, da mit ihnen künftige Entwicklungen angestoßen werden können.
Das heißt, der E-Learning-Markt für Senioren befindet sich noch ganz am Anfang der Entwicklung?
P. Georgieff: Ja, genau. Traditionelle Anbieter von Bildungsmaßnahmen für Ältere wie die Volkshochschulen, kirchliche Bildungsanbieter und Weiterbildungsakademien für Senioren haben noch relativ wenig E-Learning-Angebote für ihre Klientel zur Verfügung gestellt. Und bei den kommerziellen Bildungsanbietern sieht es so aus, als wenn sie erst langsam anfangen, sich für den Markt zu interessieren – was sie wegen des bevorstehenden demografischen Wandels jetzt allerdings auch müssen.
Welche Erkenntnisse zum Thema E-Learning für Ältere konnten Sie aus den angesprochenen Modellprojekten gewinnen?
P. Georgieff: Die wenigen Erfahrungen mit E-Learning für ältere Menschen zeigen, dass entsprechende Angebote dann erfolgreich sind, wenn eine institutionelle Verankerung sichergestellt ist und an bestehende Kompetenz-Netzwerke angeknüpft werden kann. E-Learning-Spezialisten tun also gut daran, mit seniorenerfahrenen Bildungseinrichtungen zu kooperieren. Weiterhin sollten die E-Learning-Kurse tutoriell betreut werden. Ältere brauchen vielfach häufigeres Feedback als jüngere Menschen sowie individuellere Hilfestellungen. Wir schlagen hier vor, dass die Betreuenden eine zielgruppenspezifische Schulung erhalten. Und natürlich sollten die thematischen Interessen der Älteren berücksichtigt werden.
Mit welchen Themen können E-Learning-Anbieter auf dem Markt für Ältere punkten?
P. Georgieff: Hier müssen die Weiterbildungsinteressen älterer Menschen im Allgemeinen berücksichtigt werden. Bevorzugte Themen für Senioren sind beispielsweise Gesundheit, Ernährung und alles, was mit Fragen des Alterns zu tun hat. Aber auch die Vermittlung spezifischer Kenntnisse, die für das Ausüben ehrenamtlicher Tätigkeiten benötigt werden, sind für Ältere von Interesse.
Insgesamt gibt es geschlechtsspezifische Interessenmuster: Frauen sind eher interessiert an künstlerischen und gestalterischen Angeboten sowie an Angeboten der Gesundheit und Ernährung. Männer hingegen sind vorwiegend interessiert an gesellschaftlichen, politischen, rechtlichen und technischen Themen. Die Zielgruppe der Älteren ist bezüglich ihrer Bildungsinteressen sehr differenziert.
Wie sieht es mit dem Nutzungsverhalten aus? Ist dies innerhalb der Zielgruppe der Älteren homogen?
P. Georgieff: Leider gibt es bislang keine repräsentative Umfrage über das konkrete Weiterbildungsverhalten älterer Menschen mit E-Learning. Hier sind weitere Forschungsanstrengungen notwendig, um gesicherte Informationen zu erhalten.