Auf der weltgrößten Computermesse herrschte 2009 trübe Stimmung. Doch die E-Learning-Branche bemühte sich auf der CeBIT um frohe Botschaften: Eine Studie schätzt das Marktvolumen auf 200 Millionen Euro, auf zwei Preisverleihungen wurden die besten Innovationen gefeiert.
Zwanzig Prozent weniger Besucher als im Vorjahr – mit dieser Bilanz schloss die Deutsche Messe AG, Hannover, die Tore der Computermesse CeBIT. Vom 3. bis 7. März 2009 sahen nur 400.000 Besucher die Leistungsschau einer Branche, die von der Rezession stark getroffen wurde. Doch von Krisenstimmung will man bei den Messeverantwortlichen nichts hören: 'Ein Großteil der 4.300 Unternehmen aus 69 Ländern hat auf der CeBIT neuen Mut gefasst', meint Ernst Raue, CeBIT-Vorstand der Deutschen Messe AG.
Nur jede vierte Firma aus dem Mittelstand nutzt E-Learning
Mut gemacht hat sich in den Hannoveraner Messehallen auch die E-Learning-Branche. Erst im vergangenen Jahr haben die Messeverantwortlichen das digitale Lernen als neuen Schwerpunkt der CeBIT auserkoren und ihm eigens das 'CeBIT Forum Learning & Knowledge Solutions' gewidmet. Dass sie mit dieser Entscheidung auf das richtige Pferd gesetzt haben, sollte eine Studie des Bitkom-Verbandes zeigen: Auf stolze 200 Millionen Euro schätzte Verbandspräsident Professor August-Wilhelm Scheer das Volumen der E-Learning-Branche.
Die Studienergebnisse, die Scheer auf der Messe vorstellte, sollten vor allem eins beweisen: 'E-Learning hat sich als fester Bestandteil der Aus- und Weiterbildung etabliert', wie der Bitkom-Präsident zusammenfasst. Ein Blick auf die Zahlen relativiert sein Resümee: Nur 55 Prozent der Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten setzten auf E-Learning. Bei Mittelständlern ist die Quote noch schlechter: Lediglich jedes vierte Unternehmen bietet seinen Mitarbeitern elektronische Lektionen an.
HR-Manager loben Kosten- und Zeitersparnis
Dieser Anteil kann in den kommenden Monaten jedoch größer werden, meint Scheer. Sein Argument: 'In der Wirtschaftskrise kann E-Learning die Personalbudgets ohne Qualitätsverlust bei der Fortbildung spürbar entlasten.' Auch zwei Drittel der 53 befragten Unternehmen nennen Kosten- und Zeitersparnis als Motiv für den Einsatz von E-Learning. 86 Prozent schätzen vor allem die größere räumliche und zeitliche Flexibilität des Lernenden.
Dass die E-Learning-Gilde neben nennenswertem Umsatz auch innovative neue Projekte hervorbringt – diesen Beweis wollte die Verleihung des europäischen E-Learning Awards eureleA erbringen. Die Auszeichnung, die von Prof. Dr. Peter Henning vom Institute for Computers in Education (I.C.E.) an der Hochschule Karlsruhe verantwortet wird, hat wechselvolle Zeiten hinter sich: Nachdem die Förderung durch das Land Baden-Württemberg 2007 auslief, war die Finanzierung des Projekts einige Zeit unklar. Die Deutsche Messe AG hatte sich schließlich als neuer Sponsor für den Branchenpreis erwärmt; seit 2008 wird der Preis deshalb nicht mehr auf der Learntec, sondern auf der CeBIT verliehen.
Mit dem Wechsel der Geldgeber verband Henning die Chance auf eine größere Breitenwirkung der Auszeichnung. Seine Rechnung ist aufgegangen: 'In der Wettbewerbsrunde 2009 konnten wir mit mehr als 120 Einreichungen aus acht Ländern Europas die Teilnahme fast verdoppeln', freute sich Henning.
2009 wurde der eureleA wie gewohnt in sieben Kategorien verliehen. In der Kategorie 'Beste technische Umsetzung' ging die Auszeichnung an das Projekt 'Powertools Learning Campus' der IMS Intelligent Media Systems AG und der Robert Bosch GmbH. In seiner virtuellen, schon fast dreidimensionalen Lernwelt kann sich der Nutzer nicht nur das Grundlagenwissen zur Bedienung von Werkzeugen aneignen, sondern ebenso ihr Innenleben erkunden. Für das 'beste Projektmanagement' wurde das Projekt 'Einführung einer neuen eLearning-Umgebung' der schweizerischen skyguide – swiss air navigation services ltd. ausgezeichnet. Den 'besten Gesamteindruck' auf die Jury machte das Projekt training@epson der EPSON Deutschland GmbH. Nach allen bewerteten Einzelkategorien hatte diese Plattform zur betriebsinternen Weiterbildung des Unternehmens in der Summe die besten Bewertungen erhalten.
Erste Auszeichnung für 'Serious Games' vergeben
Auszeichnungen für digitale Lernumgebungen gab es auf der CeBIT auch an anderer Stelle: Auf der Serious Games Convention, die am 6. März im Rahmen der Messe stattfand, wurden die besten 'ernsthaften Spiele' gekürt. Die Besonderheit: Der deutsche 'Serious Games Award' wurde erstmals verliehen. Verantwortlich für die Prämierung zeichnen die nordmedia, Hannover, und der Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware e.V., Berlin.
Aus 46 Einreichungen wählte die Jury um Dr. Stefan Gröbel vom Multimedia Communications Lab an der TU Darmstadt in vier Kategorien je einen Sieger. Im Bereich 'Best Corporate Game' konnte sich die Aerosoft GmbH den Lorbeerkranz aufsetzen. Geehrt wurde sie für ihr Spiel 'World of Subways Vol. 1 The Path'. Die Simulation einer U-Bahn-Fahrt durch New York überzeugte die Richter vor allem durch ihre 'Komplexität und Detailtreue', wie es in der Begründung hieß.
'Dass sich spielerische Unterhaltung und sinnvolle Lerninhalte nicht gegenseitig ausschließen müssen, dafür sind Serious Games der beste Beweis', erklärte Sebastian Wolters von nordmedia auf dem Kongress. Doch nicht nur beim Unterhaltungswert punkten die Spiele. Wolters nannte einen weiteren Punkt, der die Nachfrage nach E-Learning in Zukunft ankurbeln soll: 'Corporate Games können Unternehmen helfen, ihr Personal auf zeitgemäße, effektive und kostengünstige Art und Weise aus- und weiterzubilden.'
Da war sie also wieder, die alles entscheidende Preis- bzw. Kostenfrage, die fernab aller Awards und Auszeichnungen über die Zukunft der Zunft entscheiden dürfte.