'Dienstleistungen 2000plus' lautet der Titel einer umfangreichen Untersuchung im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie (BMBF). Ein Jahr lang hatten 300 Experten aus Wissenschaft und unternehmerischer Praxis in dreizehn Arbeitskreisen diskutiert. Ihr Leitziel: Wie können sich Deutschlands Dienstleister für das 21. Jahrhundert rüsten? Wie kann durch Dienstleistungen der Arbeitsmarkt und Wirtschaftsstandort gestaltet werden?
Die zweitägige Fachtagung 'Dienstleistungen für das 21. Jahrhundert', Ende November in Bonn, präsentierte nun die Ergebnisse. Eindeutige Resultate waren jedoch Fehlanzeige. Der Projektleiter Hans-Jörg Bullinger (Fraunhofer-Institut Arbeitswirtschaft und Organisation) zeichnete ein düsteres Bild. Deutschland liege bei den Dienstleistungen im internationalen Vergleich auf Platz 23 und weise seit Jahren einen Dienstleistungsimportüberschuß aus. Zum Vergleich: Die USA wiesen 1995 einen Dienstleistungsexportüberschuß von 63,4 Milliarden US Dollar aus.
Im Gegensatz dazu stellte das auf der Tagung immer wieder zitierte Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) fest, daß zwischen den USA und Deutschland keine 'Dienstleistungslücke' bestehe. Der vielfach behauptete amerikanische Vorsprung bei den Dienstleistungen basiere auf unterschiedlichen Sektorabgrenzungen im sozio-ökonomischen Panel. Einig waren sich jedoch alle Experten, daß sich künftige Arbeitsmarktentwicklungen wesentlich in den verschiedenen Dienstleistungssektoren abspielen werden.
Wenig Erhellendes wurde zu Fragen der Mitarbeiterqualifikation und Strategien der Personalentwicklung formuliert. Professor Reichwald von der TU München machte deutlich, daß Telework (dezentrales Arbeiten mit Hilfe von Datennetzen) nur dann erfolgreich gestaltet werden könne, wenn eine Einbindung in das soziale Netz des Unternehmens gesichert sei. Vertrauen sei dafür die Voraussetzung. Seine Empfehlung: maximal zwei Tage in der Woche Telearbeit und den Rest der Woche Arbeit in der 'company'.
Besondere Herausforderungen stellt die Entwicklung zur virtuellen Organisation oder der 'Amöben-Company' dar. Sie verändere im Extremfall täglich die Gestalt und beschäftige Heerscharen von freien Mitarbeitern in Projekten. Fortbildung, Teamarbeit und Anbindung an das Unternehmen seien bislang ungelöste Probleme. Eine Situation vor der insbesondere Unternehmen im Datenverarbeitungsbereich ständen. Der hohe Innovationsgrad führe zu permanent anderen Anforderungen und zur Hinzuziehung von Fachleuten, für die aber dauerhaft kein Bedarf im Unternehmen bestehe. Zudem seien für die DV-Projekte sehr kurzfristig größere Personalkapazitäten erforderlich, die dauerhaft nicht ausgelastet werden können. Viele dieser Mitarbeiter würden bislang über die inhaltlich-fachliche Herausforderung an das Projekt gebunden, nicht aber an das durchführende Unternehmen. Loyalität und Engagement für das Unternehmen könne so kaum erwartet werden.
Die Herausforderung für die Personalentwicklung im 21. (Dienstleistungs-) Jahrhundert liegt in der Gestaltung von vertrauensbildenden Prozessen. Dabei kann offensichtlich nicht mehr auf längerfristig bestehende Abteilungs- und Teamstrukturen gesetzt werden. Vielmehr muß Vertrauen gefördert werden, ohne dafür viel Zeit zur Verfügung zu haben und in unternehmensübergreifenden Dimensionen gedacht werden. Modelle für die Gestaltung dieses Entwicklungsprozesses wurden auf der Tagung noch nicht vorgestellt. Das Bildungsministerium wird in den nächsten Jahren den Schwerpunkt Dienstleistungen weiter durch Modellprojekte und Forschungsarbeit begleiten. Welche 'prioritären Erstmaßnahmen' ab 1997 umgesetzt werden, ist jedoch noch nicht entschieden.