Ein Kartenset im Westentaschenformat verkauft der Coach Kai-Jürgen Lietz als 'Entscheidungskompass'. Doch kann man mit Hilfe der kleinen Karteikärtchen tatsächlich besser Entscheidungen treffen? Training aktuell hat das an einem kniffligen Problem getestet.
Das Angebot: Auf einfache Weise herausfinden, was man in einer Situation wirklich will – dabei soll der 'Entscheidungskompass' von Kai-Jürgen Lietz helfen. Mit dem minimalistischen Managementwerkzeug im Visitenkartenformat sollen Entscheider innerhalb von nur zehn Minuten ihre jeweiligen Prioritäten klären können und so schneller zu einem Entschluss kommen, verspricht der Anbieter.
Der TA-Check: Wunderbar, freue ich mich. Ein Helfer, um die eigenen Prioritäten zu klären, kommt mir gerade recht. Denn ein ganz akutes Entscheidungsproblem steht vor der Tür und harrt schon seit Wochen seiner Klärung: Wie will ich Silvester verbringen?
Neugierig packe ich aus: Das Set besteht aus drei verschiedenen Kartentypen und enthält 60 Basiskarten, 60 Kontrollkarten sowie acht Klappkarten. Letztere dienen eigentlich nur als Transportumschlag und dank einer aufgedruckten Kurzanleitung auch als Gedächtnisstütze für den Einsatz unterwegs. Ebenfalls enthalten sind ein kleines Etui und eine ausführliche Anleitung, die ich aufmerksam studiere.
Was mir als erstes auffällt, sind ein Rechtschreibfehler und ein paar ungelenke Formulierungen. Doch grundsätzlich erweist sich die Schritt-für-Schritt-Anleitung als sehr gut verständlich. Mein managementfernes Entscheidungsproblem lässt sich erstaunlich leicht übertragen und – wie das Anleitungsbeispiel – auf die vier Schritte zur Entscheidungsfindung herunterbrechen. Am schwierigsten finde ich noch die erste Etappe: die Formulierung des Problems und meiner Zielsetzung. Ich entscheide mich für das Ziel, 'einen möglichst fröhlichen und entspannten Abend zu verbringen', das ich auf der ersten Karte eintrage.
Im zweiten und dritten Schritt folgt eine genauere Aufschlüsselung der Faktoren, die die Zielerreichung direkt beeinflussen. Diese Faktoren, die der Autor 'Kontrollelemente' nennt, werden auf der Kontrollkarte eingetragen. Im Einzelnen sind dies: gewünschte Ergebnisse, unerwünschte Ergebnisse und Status quo-Ergebnisse, also die Dinge, die wir schon erreicht haben und nicht gefährdet sehen möchten – in meinem Fall etwa alte Freundschaften. Zusammenfassend notiere ich noch absolute Ausschlusskriterien – für meine Silvesterplanung beispielsweise ein schlechtes Partykonzept und unpassende Gesellschaft.
Schließlich folgt der letzte Schritt auf dem Weg zur Entscheidung: die Formulierung und Kategorisierung der Entscheidungskriterien. Hier kommt die wohl wichtigste Karte ins Spiel. Auf ihr finden nicht nur die Kriterien Platz, sondern auch eine Matrix, die den Vergleich und die Gewichtung der entscheidungsrelevanten Faktoren spielerisch leicht macht.
Das Ergebnis: Aus meinen fünf Kriterien – Freunde treffen, neue Kontakte knüpfen, einfache Organisation, stimmiges Veranstaltungskonzept und gute Musik – entsteht eine klare Prioritätenliste. Am wichtigsten sind mir der problemlose Ablauf des Silvesterabends und die Möglichkeit, Freunde zu treffen. Die anderen Faktoren fallen dagegen kaum ins Gewicht.
Der TA-Eindruck: Die Entscheidung hat mir der Kompass zwar damit nicht abgenommen. Doch weiß ich nun tatsächlich genauer, was mir besonders wichtig ist. Und muss nur noch die zur Auswahl stehenden Optionen auf diese Anliegen hin abklopfen. Zwar habe ich, um dies herauszufinden, deutlich länger als zehn Minuten benötigt. Doch ich denke, dass geübte Anwender mit dem Tool schneller zu einem Entschluss kommen. Gut einsetzen lässt es sich dann zweifellos auch für die kurzfristige Vorbereitung von Verhandlungen oder das eigene Zeitmanagement.
Das TA-Fazit: Ein kleines Werkzeug zum kleinen Preis, mit dem sich Entscheidungen fast spielerisch vorbereiten lassen.
Sylvia LipkowskiKai-Jürgen Lietz: Entscheidungskompass. 68-teiliges Karten-Set (für 60
Anwendungen). Domain of Excellence e.K., Bad Homburg 2007, 5 Euro