Definitionen sollen uns bekanntlich helfen, Klarheit und Orientierung in unsere unübersichtliche Welt zu bringen. Sie gewährleisten, dass wir dasselbe meinen, wenn wir über ein Thema reden. Wer vor diesem Hintergrund an der schier unüberschaubaren Vielfalt an Coaching-Definitionen verzweifelt, der mag sich von der Erkenntnis des Literaturhistorikers Ludwig Marcuse trösten lassen: 'Die meisten Definitionen sind Konfessionen.' Dieser Satz beschert uns zumindest die Erkenntnis: Um die Glaubensfreiheit muss man sich in der Coachingszene keine Gedanken machen. Über alles andere hingegen schon, zeigen sich die beiden langjährigen Coaches und Autoren Uwe Böning und Brigitte Fritschle überzeugt.
In ihrem Buch 'Coaching fürs Business' haben sie sich nicht nur der Sisyphusarbeit angenommen, das Begriffs-Wirrwarr zu entflechten und die vielen Coaching-Definitionen zu klassifizieren. Sie suchten darüber hinaus Antworten auf die Fragen: Warum ist Coaching so ungemein populär? Welche Erwartungen verknüpfen die Beteiligten - die Unternehmen, die gecoachten Führungskräfte und nicht zuletzt die Coaches selbst - mit diesem Instrument? Und wie ist es um den Professionalisierungsgrad von Coaching bestellt?
Ausgangspunkt und Basis des Buches bilden die Ergebnisse einer Befragung der Autoren unter Personalmanagern und Coaches. Wie beinahe nicht anders zu erwarten, lieferten diese ein sehr heterogenes Bild über Anlässe, Selbstverständnis, Ablauf und Ziele des Coachings. Lobenswerterweise beschränken sich die Autoren nicht auf die schlichte Darstellung und Interpretation der Ergebnisse. Vielmehr reichern sie diese mit ihren Erfahrungen, Erlebnissen und ihrem reichhaltigen Know-how an.
Herausgekommen ist ein ungewöhnliches und sehr facettenreiches Fachbuch. Böning und Fritschle lassen den Leser teilhaben an der bisweilen skurrilen Suche nach der passenden Coaching-Ausbildung, beleuchten Berufsweg und wirtschaftliche Situation der Coaches und fragen nach den unterschiedlichen Regeln und Herangehensweisen von Coaching im mittleren und im Top-Management. Darüber hinaus widmen sie sich ausführlich der diffizilen Beziehung zwischen Manager und Coach: Wie muss diese Beziehung gestrickt sein, damit der Coaching-Prozess von Erfolg gekrönt ist?
Mit fortschreitender Lektüre fügen sich die einzelnen Teile zu einem differenzierten Bild: Der Leser bekommt ein Gespür, wo die Arten-Vielfalt des Coachings sinnvoll und schlichtweg notwendig ist und wo der Wildwuchs anfängt. Er erkennt, dass unterschiedliche Ausgangssituationen auch gänzlich unterschiedliche Maßnahmen und Spielregeln nach sich ziehen - und letztlich auch völlig unterschiedliche Coaching-Kompetenzen erfordern. Für einen Markt, der bis dato weitgehend nach dem Prinzip funktioniert, dass der Coach macht, was als Auftrag anliegt, ist dies beinahe schon eine kleine Revolution.
Fazit: Eine erfreulich unprätentiöse Lektüre, die ihrem Untertitel 'Was Coaches, Personaler und Manager über Coaching wissen müssen' vollauf gerecht wird.
Von Uwe Böning und Brigitte Fritschle, 336 S., brosch., managerSeminare Verlags GmbH, Bonn 2005, ISBN
3-936075-27-1, 49,90 Euro.