Vorschläge, wie der Weiterbildungsmarkt transparenter gemacht und seine Qualität gesichert werden kann, haben in jüngster Zeit Hochkonjunktur. Ingrid Sehrbrock, Vorstandsmitglied des Deutschen Gewerkschaftsbundes, stellte im Juli in Berlin das DGB-Positionspapier 'Weiterbildung für alle ermöglichen' vor. Darin wird neben tarifvertraglich geregelten Mindestanforderungen an Weiterbildungsmaßnahmen ein Bundesrahmengesetz für Weiterbildung gefordert. Bundeseinheitliche Regelungen würden nach Ansicht des DGB Angebote und Fördermaßnahmen stärker ordnen, sie transparenter machen und für gerechtere Zugangsmöglichkeiten sorgen.
Auf die kontrollierten Kräfte des Marktes setzt indes Annette Schavan, Mitglied im Bundesvorstand der CDU und Kultusministerin Baden-Württembergs. Sie fordert - wie schon im Januar - die Gründung einer 'Stiftung Bildungstest': Ohne bürokratische Einschränkungen soll die Einrichtung alles testen dürfen, was die Kunden getestet sehen wollen - von Lexika über Lernsoftware bis hin zu Seminaren. Diese Einzelheiten stellte Schavan gemeinsam mit Norbert Hauser, Mitglied des Ausschusses für Bildung und Forschung des deutschen Bundestags, Ende Juli in Berlin vor. Einen Gesetzentwurf zur Gründung der Stiftung will Hauser im Herbst dem Bundestag vorlegen.
Als überholt stuft das Bundesbildungsministerium den Vorschlag Schavans ein. 'Das ist doch alles längst in Gang', so eine Sprecherin des Ministeriums. Bereits im Januar habe die Arbeitsgruppe Weiterbildung im Bündnis für Arbeit unter Vorsitz von Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn Qualitätstests und Zertifikate im Bereich Bildung beschlossen. Die Bundesregierung will dafür allerdings keine neue Einrichtung schaffen, sondern setzt auf die Stiftung Warentest. Gespräche über eine Erweiterung ihrer Aktivität im Bereich Bildung, den Ablauf von Projekten und die Finanzierung liefen bereits. Dabei handele es sich zunächst um fünf Projekte, die noch im September konkretisiert werden könnten.
An anderer Stelle erfährt der CDU-Vorschlag hingegen Zustimmung. Ausdrücklich begrüßt wird er zum Beispiel von der CERTQUA Gesellschaft der Deutschen Wirtschaft zur Zertifizierung von Qualitätssicherungssystemen in der beruflichen Bildung, Bonn. Sie erklärt sich bereit, ihre Erfahrungen bei der Gründung der Stiftung Bildungstest wie auch bei der ebenfalls im Rahmen des CDU-Projektes vorgeschlagenen Berufung von 'Bildungsweisen' einzubringen. Wie die Fünf Wirtschaftsweisen die Wirtschaftsmärkte analysieren, sollen demnach die Bildungsweisen die Bildungsmärkte beobachten. Ebenso sollen sie dem Bundeskanzler jährlich ein Gutachten vorlegen und Strukturempfehlungen geben.
Dass Sehlbrock und Schavan ihre Vorschläge ernsthaft diskutieren wollen, können sie übrigens Ende des Jahres beweisen. Dann trifft sich die Arbeitsgruppe Weiterbildung, deren Mitglied beide sind, unter Vorsitz Bulmahns erneut.