Haben die Berater mit dem Jahreswechsel auch auch die Krise hinter sich gelassen? Die Unternehmensberater sind vorsichtig optimistisch und rechnen für 2010 mit einem Umsatzplus von fünf Prozent, auch die Trainer hoffen auf Zuwächse. Festlegen will sich allerdings niemand: Das derzeitige Hoch ist instabil, so die Einschätzungen.
'Alles wird besser', dürfen sich die Beratungsdienstleister für das Jahr 2010 freuen: Die Branche befreit sich aus der Krise und bewegt sich in Richtung Aufschwung, die Nöte der Rezession werden bald vergessen sein. Um fünf Prozent werden die Geschäfte der Consultants dieses Jahr wachsen, so die Prognose des Bundesverbandes Deutscher Unternehmensberater (BDU), der im Februar 2010 seine Marktstudie 'Facts & Figures zum Beratermarkt' vorstellte. 'Viele Kunden melden sich als Nachfrager wieder zurück', beschreibt Antonio Schnieder, Präsident des Verbandes und Europachef von Capgemini, die erfreuliche Lage. 880 Millionen Euro Mehrgeschäft werden die 13.200 Beratungsunternehmen am Ende des Jahres verbuchen können – kein schlechtes Ergebnis angesichts des zurückliegenden Krisenjahres.
Denn 2009 zeigte sich tiefrot. Kleiner Rückblick: Noch Anfang vergangenen Jahres machten die Berater auf Optimismus – Präsident Schnieder verkündete im Februar 2010, die Börse war gerade noch einmal abgestürzt, ein Plus von drei Prozent für den Gesamtmarkt. Aber es sollte anders kommen. Spätestens im Frühjahr war jedermann klar, was die neuen Realitäten sind: Kampf um Marktanteile, abgesagte Aufträge, Preisdruck – so lauteten die Themen, die viele am Markt bewegten. Bis Ende des Jahres summierte sich der Effekt der unerfreulichen Ereignisse auf ein Umsatzminus von 3,1 Prozent, 600 Millionen Euro Beratergeschäft hatte die Krise in zwölf Monaten aufgefressen. Alle waren getroffen. 'Von Februar bis August war wenig los', berichtet Uwe Göthert, Geschäftsführer von Dale Carnegie Deutschland Training (DCD) über seinen Auftragseingang. Wenn die Kunden etwas zu vergeben hatten, gab es eine heftige Konkurrenz: 'Wir haben uns die Dinge immer im offenen Wettbewerb erkämpfen müssen', beschreibt Dr. Christian Veith, Deutschland-Chef der Boston Consulting Group (BCG) den schwierigen Markt. Der Rückblick fällt dementsprechend wenig wehmütig aus: 'Schweres Jahr' sagt der BCG-Vormann, mit 'anstrengend' charakterisiert Carsten Löwe, Geschäftsführer des Wuppertaler Kreises, das, was die Kollegen aus der Weiterbildungsbranche erlebt haben.
Der Preisdruck bleibtEines der großen Themen sind die Preise. 'Der Druck war deutlich spürbar', lässt BDU-Verbandschef Schnieder wissen. Viele Beraterkunden hätten Krisenrabatte gefordert, die in größeren Projekten auch gewährt wurden. BCG rechnet damit, dass der Druck bleibt. 'Die Renditen der Kunden sind heute niedriger als vor der Krise', heißt es dazu als Begründung. Deshalb müssen Berater, die an Aufträge gelangen wollen, Selbstbeschränkung üben – mal mit Preisnachlässen in der Größenordnung von fünf bis zehn Prozent, mal mit unberechneten Extra-Leistungen. Trainingsanbieter müssen besonders dann hart kalkulieren, wenn die Personalabteilung bei der Auftragsverhandlung mit am Tisch sitzt. 'Die wollen möglichst viel Leistung für möglichst wenig Geld', spitzt Carnegie-Geschäftsführer Göthert seine Erfahrung zu. Auch aus der Überblickposition von Verbandschef Carsten Löwe bietet sich ein ähnliches Bild: 'Vergleichbare Leistungen sind voll dem Preiswettbewerb ausgesetzt.' Wer etwa Trainings in Massenthemen wie Rhetorik, Selbstmanagement oder Projektmanagement anbiete, müsse sich auf lange Preisverhandlungen einstellen. Besser fahren dagegen die Spezialisten, die exklusive Themen mit einer starken Marke verbinden können. 'Hohe Qualität immunisiert gegen den Preisdruck', beschreibt Löwe den Ausweg aus der Vergleichbarkeitsfalle.
Dass Berater auch bei einer starken Gegenströmung noch Strecke machen können, zeigt die BCG: Zwar mussten die Consultants bei den Preisen mitunter Zugeständnisse machen, doch diese Einbuße wurden ausgeglichen durch den Mehrverkauf von Beratertagen. Das Ergebnis: 'Drei Prozent mehr Umsatz', verkündet der Deutschlandchef stolz, 'wir konnten uns deutlich vom Trend abheben und 2009 Marktanteile gewinnen.' Mit krisenbedingt gesteigertem Engagement erwirtschafteten die Berater einen Umsatz von 418 Millionen Euro – das beste Ergebnis, das dieser Dienstleister je in Deutschland erzielt hat.
Statt Kostensenkung ist wieder Strategieentwicklung gefragtDale Carnegie Training hatte auf andere Art vorgebaut – mit einem Polster, das durch die Krise half. 'Mit unserem Auftragsbestand haben wir die schwierigsten Monate 2009 überbrückt', beschreibt Göthert den Geschäftsverlauf, der bis zum Jahresende zu einem Umsatzplus von 18 Prozent führte. Damit ist der Dienstleister fein raus, er hatte sich rechtzeitig auf einen entscheidenden Wandel in der Nachfrage eingestellt. 'Offene Seminare verlieren, Firmenseminare sind weiter stark', beschreibt Weiterbildungsexperte Löwe die Entwicklung, die sich auch während der Krise fortsetzte. Das Portfolio von DCD liefert den Beleg dafür, dass die Strategie richtig ist: 75 Prozent des Geschäfts macht der Münchner Trainingsdienstleister direkt mit Firmen – wäre dieser Anteil niedriger gewesen, hätte ihn die Krise sicher härter getroffen.
Das Jahr 2010 bringt für die Branche einige Veränderungen: Die Inhalte etwa müssen der neuen Lage angepasst werden. 'Die Zeit der Kostensenkungsprogramme geht langsam zu Ende', sagt Dr. Frank Mattern, Deutschland-Chef von McKinsey, 'es gibt wieder eine Menge Projekte mit Strategiebezug.' Das ist für die Berater erfreulich, weil sie nicht mehr notfallmäßige Operationen durchführen müssen, sondern an der Vitalität ihrer Kunden arbeiten können. 'Anpassung der Geschäftsmodelle an die neuen Marktbedingungen, Erschließung neuer Märkte, Wachstum durch Zukäufe', nennt Beraterpräsident Schnieder einige Beispiele für Projekte, die ganz danach klingen, dass die Krise vorüber ist.
Dennoch sollten die Dienstleister weiter auf der Hut bleiben. 'Die Volatilität wird weiter unser Begleiter sein', sagt McKinsey-Chef Mattern voraus. Auch Berater Veith ist vorsichtig: 'Noch ist die Gefahr nicht gebannt. Wir müssen uns auf langsameres Wachstum einstellen.' Diese Einschätzung bestätigen auch die rund 1.000 Marktteilnehmer, die der BDU befragt hat. BDU-Präsident Schnieder zitiert aus den Ergebnissen, dass der Korridor des Möglichen relativ breit sei. Statt fünf Prozent Wachstum könnte es laut Schnieder auch deutlich niedrigere Werte geben, falls der beginnende Aufschwung pausieren sollte.
Einstellungen sind geplantPersonell werden sich die Berater im Jahr 2010 für Wachstum und neue Beratungsthemen wappnen. Eine erkennbar große Zahl von Unternehmen will ihre Belegschaft aufstocken. Besonders eifrig mit Neueinstellungen werden sich die kleinen und mittleren Consultingfirmen (fünf bis 45 Mio. Euro Umsatz) zeigen, hier wollen 70 Prozent der Unternehmen ihre Mannschaft erweitern. Bei den Großberatern dagegen ist die Lage etwas verhaltener – hier sagen 50 Prozent der Befragten 'keine Veränderung der Mitarbeiterzahl geplant', nur 45 Prozent dagegen wollen aufstocken. Bewegung wird es am Arbeitsmarkt dennoch geben, denn das Consulting ist eine Drehtürbranche: Viele Neulinge gelangen hinein, aber viele verlassen den Beruf auch nach ein paar Jahren wieder. Ein Indiz dafür liefern die Einstellungszahlen, zum Beispiel bei BCG. 170 Berater wurden hier im Jahr 2009 rekrutiert, aber 140 verließen das Unternehmen auch wieder.