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Aus der Klinik ins Coaching: Der Achtsamkeitsansatz MBSR

In Medizin und Therapie ist die Methode 'Mindful Based Stress Reduction (MBSR)' schon lange populär. Nun entdecken immer mehr Coachs die Stärken des Achtsamkeitsansatzes, der auf dem Gabal-Symposium 2010 vorgestellt wird.

'Gesundheit und Weiterbildung' ist das Motto des Gabal-Symposium 2010. Ein interessantes Spannungsfeld, in das sich der Workshop von Sabine Simon gut einfügt: Die Bremer Coachfrau stellt dort am 30. Oktober 2010 die Methode 'Mindful Based Stress Reduction (MBSR)' vor, die ursprünglich zur Behandlung chronisch Kranker entwickelt wurde, mittlerweile aber hierzulande auch im Coaching zunehmend Beachtung findet.

Die Idee: Akzeptieren, ohne zu resignieren

Der Ursprung von MBSR, was sich am besten mit 'Stressbewältigung durch Achtsamkeit' übersetzen lässt, liegt in den USA. Dort gründete der Molekularbiologe Prof. Dr. Jon Kabat-Zinn 1979 an der Universitätsklinik von Massachusetts die Stress Reduction Clinic, in der er seinen MBSR-Ansatz seitdem einsetzt. Grundidee seiner Methodik ist es, Menschen zu helfen, sich ihrer Emotionen bewusst zu werden, sie anzunehmen und so ihre Selbstheilungskräfte zu mobilisieren. Zentrale Begriffe dabei sind Akzeptanz und Nicht-Identifikation, erklärt MBSR-Lehrerin Simon: 'Die Klienten lernen, dass Gedanken und Gefühle zu ihnen gehören, aber eben nur Teilaspekte ihrer selbst darstellen.' Der Mensch wird so zum 'inneren Beobachter' seiner Gefühle, überlässt ihnen aber nicht die Regie – bleibt also selbst handlungsfähig.

Systematische Innenschau

Um diese Haltung zu vermitteln, kombiniert MBSR das Achtsamkeitskonzept aus dem Buddhismus mit wissenschaftlichen Erkenntnissen aus Stressforschung, Psychologie und Kommunikationslehre. Vier wesentliche Elemente machen das Programm aus:
1. Bodyscan: eine Körperbetrachtungsübung, bei der MBSR-Schüler ihren liegenden Körper  unter Anleitung geistig abtasten.
2. Sitzmeditation: Beim 'Stillen Sitzen' werden die eigenen Gedanken und Gefühle betrachtet.
3. Gehmeditation: eine Übung aus dem Zen-Buddhismus, die achtsame Bewegung trainiert.
4. Verschiedene Yoga-Übungen.
Vermittelt wird MBSR in der Regel in einem achtwöchigen Kurs. Dabei kommen die Teilnehmer zwar nur einmal pro Woche zusammen, meditieren aber täglich mindestens 45 Minuten lang. Zudem bekommen sie Hausaufgaben, um MBSR in den Alltag zu integrieren: beispielsweise Mahlzeiten ohne Ablenkung einzunehmen.

MBSR im Coaching

Im Coaching lässt sich die Achtsamkeitslehre jedoch auch in anderen Formen nutzen. Sabine Simon etwa integriert oft nur einzelne MBSR-Elemente wie den Bodyscan in ihre Coachings. Entscheidend für sie ist die besondere Haltung, die der Ansatz transportiert. 'MBSR geht weg von dem, was Coaching oft ausmacht: Es gibt keine Zielsetzung, keine intellektuelle Analyse, kein effizientes Aufarbeiten', so Simon. Stattdessen hilft MBSR innezuhalten und alte Verhaltensmuster aufzubrechen. Deshalb ist MBSR für Coach Ulrich Dehner, der ebenfalls ausgebildeter MBSR-Lehrer ist, ein gutes Instrument zur Selbstreflexion. Das hilft Führungskräften dabei, die Bodenhaftung nicht zu verlieren und die eigene Präsenz zu stärken, ist der Psychologe sicher. Er bietet deshalb seit Februar 2010 ein spezielles MBSR-Programm für Manager an. Das Instrument kann aber auch Coachs selbst bei ihrer Arbeit unterstützen, findet der Chef der Konstanzer Seminare: 'Es vermittelt genau die Art von Achtsamkeit, die jeder Coach braucht, der weg will vom mechanischen Tool-Coaching.'

Nachgewiesener Nutzen

Dass die systematische Innenschau funktioniert, ist gut erforscht: Unzählige Studien belegen positive körperliche und neuronale Veränderungen bei MBSR-Anwendern. Und noch etwas hat Dehner für den Ansatz, der sogar von einigen Krankenkassen anerkannt ist, eingenommen: 'Kabat-Zinn hat es geschafft, das Thema Achtsamkeit esoterikfrei anzugehen', so der Konstanzer Coach. Die Ausbildung zum MBSR-Lehrer dauert knapp zwei Jahre. Einen kürzeren Einstieg ins Thema gibt es demnächst bei Dehner und Simon: Beide planen, MBSR-Schnupperworkshops für Kollegen anzubieten.

Autor(en): (Sylvia Lipkowski)
Quelle: Training aktuell 10/10, Oktober 2010
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