Euphorisch, ernüchternd, effizient oder einfach easy? Wie unterschiedlich sich das 'e' in e-Learning je nach Sichtweise und Erfahrung interpretieren lässt, dürfte den rund 500 Teilnehmern des 7. IT-Trainings-Kongresses am 8. und 9. November 2001 in Bonn wohl dauerhaft in Erinnerung bleiben. Keine Frage, e-Learning ist nach wie vor das Thema in den Personalabteilungen. Von der noch vor zwei Jahren verbreiteten 'Hoppla-jetzt-komm-ich-Attitüde' der einschlägigen Branchenvertreter war in Bonn indes nicht mehr viel zu hören. Erfreulich viel Selbstkritisches kam in den Referaten und Workshops zum Vorschein, was nicht zuletzt dem Konzept der Veranstalter zu verdanken war, die Anwenderorientierung in den Mittelpunkt zu stellen - und somit Konzepte zu präsentieren, die sich in der Praxis bereits bewähren mussten.
Der Lerner spielt die Nebenrolle
Auch die Podiumsdiskussion zum Abschluss des ersten Kongresstages erwies sich als äußerst nüchterne Bestandsaufnahme auf Seiten der Anbieter und Promotoren. 'Die Diskussion um e-Learning wird durch alles getrieben - Effizienz, Kosten, Zeitersparnis -, nur nicht durch den Lerner', machte Dr. Udo Dierk, verantwortlich für den Bereich e-Learning bei der Siemens AG, auf die mangelhafte Einbindung der Betroffenen aufmerksam. Peter Littig, Direktor Bildungspolitik und Strategie bei der Stuttgarter Dekra-Akademie, konnte diesbezüglich mit aktuellen Zahlen einer hauseigenen Studie aufwarten. Als Gründe für den Einsatz von e-Learning nannten 33 Prozent der befragten Entscheider Kosteneinsparungen, 21 Prozent wollten Reisezeiten verkürzen, nur acht Prozent das Lernen am Arbeitsplatz unterstützen. Die Crux: Lediglich zwölf Prozent konnten tatsächlich sinkende Kosten verbuchen, jedes vierte Unternehmen verzeichnete sogar einen Anstieg des Weiterbildungsbudgets, und bei 43 Prozent blieb alles beim Alten. Ein Beispiel dafür, dass Argumente, die überzeugend klingen, nicht zwangsläufig der Realität entsprechen.
'Wenn man´s richtig macht, geht´s'
Ärgerlich zeigte sich Littig über 'die Plattitüde, dass e-Learning Spaß machen muss'. Die Enttäuschung sei vorprogrammiert. Auch die Wissensvermittlung entpuppe sich meist als leeres Versprechen: 'e-Learning vermittelt weitgehend Informationen, aber keine Bildung.' Diese Statements provozierten einen Teilnehmer zu der Frage, ob sich in den vergangenen zehn Jahren am Erkenntnisstand überhaupt etwas verändert hätte. 'Nö', entgegnete Heinz Arzberger, Geschäftsführer der Com/On/Four GmbH, Nürnberg, 'man weiß aber, wenn man‘s richtig macht, geht‘s!'
Und dafür gab es tatsächlich zahlreiche Beispiele: Die VW Coaching GmbH will in einem ehrgeizigen Projekt bis Ende 2002 sämtliche Mitarbeiter des VW-Konzerns online im Umgang mit e-Mail und Internet geschult haben. Ein erfolgreiches Absolvieren wird u.a. in der Personalakte vermerkt und belohnt den Mitarbeiter mit der Aussicht auf kostenlose Internet-Nutzung von zu Hause aus. Die T-systems stellte ein Tool vor, das Anwendern unmittelbare Hilfestellung bei Wissenslücken mit neu eingeführter Software gibt. Ein unspektakuläres, aber sehr effektives Beispiel für Learning-on-demand - unternehmensweit verfügbar und quasi über Nacht zu aktualisieren.
Doch Beispiele wie diese scheinen die laut Dekra-Studie 50 Prozent der Unternehmen, die nach wie vor keinen Bedarf an e-Learning vermelden, bislang nicht beeindruckt zu haben. Noch viel Überzeugungsarbeit scheint nötig zu sein. Das ominöse 'e', es steht offenbar auch für 'erklärungsbedürftig'.