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6. IT-Trainings-Kongress: Von aufwendiger Technik zu funktionierenden Lösungen

'Immerwährendes Lernen ist angesagt. Nur mehr der Tod befreit uns davon. Doch meist nur, wenn man vorher eines dieser Seminare besucht hat, in denen man das Sterben lernen kann.' Mit einer guten Portion Sarkasmus nahm Prof. Dr. Karlheinz Geißler von der Universität der Bundeswehr, München, die Teilnehmer des 6. IT-Trainings-Kongresses vom 9. bis 10. November 2000 in Bonn auf die Schippe. Lebenslanges Lernen als Religionsersatz der modernen Wissensgesellschaft, Training und Beratung als Quasi-Erlösung des Menschen, der am Tempo der technologischen Entwicklung zu verzweifeln droht - erfrischend rebellische Aspekte zum durch und durch gesellschaftsfähigen Megathema Bildung. Mit seinem ironischen Vortrag sorgte Geißler für heilsame Bodenhaftung bei den rund 500 Besuchern. Hatten sich diese doch bereits den gesamten Tag die Köpfe heiß geredet über Lernportale, Online-Qualifizierung, virtuelle Universitäten und die Frage, ob die E-Learning-Lösung lieber gemietet oder gekauft werden sollte.

Überschätzte Didaktik

Wenn uns schon das Thema Bildung keine selig machende Endgültigkeit bieten kann, so bewies der Kongress: Das Thema E-Learning kann es erst recht nicht. 'Jedes Unternehmen hat andere Vorstellungen, was E-Learning bedeutet', brachte es Frank Milius, Geschäftsführer der Saarbrücker imc GmbH, auf den springenden Punkt. Anhand der Beispiele DaimlerChrysler, Lufthansa und HypoVereinsbank erläuterte Milius, welche technischen, organisatorischen und inhaltlichen Anforderungen diese Unternehmen mit jeweils 'ihrer' Lernplattform erfüllt sehen wollten. Dass es manchmal viel weniger ist, als die Anbieter von Lernplattformen zu leisten in der Lage sind, gehört wohl zu den eher ernüchternden Erkenntnissen. Beispiel DaimlerChrysler Uni-versity: Erkleckliche Summen investierte der Konzern in das Führungskräfte-Training via Intranet. Videomitschnitte der Referate hochkarätiger Harvard-Professoren, interaktive Seminare von drei bis vier Stunden Dauer und aufwendige Foren zum Erfahrungsaustausch konnten die so Angesprochenen aber nicht zum Mitmachen animieren. Die empfanden das eher als zeitraubende Spielerei. Erst als man die interaktiven Elemente wieder eliminierte und den Lernstoff in Sequenzen von einigen Minuten zerlegte, zeigten sich die Führungskräfte zufrieden. 'Jetzt gibt es überwiegend Text und einen Button zum Vor- und Zurückklicken', fasste Milius den Rückfall in die didaktische Steinzeit zusammen. Doch was soll´s? Inzwischen statten rund zehn Prozent der Führungskräfte dem virtuellen Campus täglich einen Besuch ab - Tendenz steigend.

Inhalte als das kommende Geschäft

Die Erkenntis: Lernplattformen müssen offen, skalierbar und modular sein. 'Quasi wie im Legokasten' sollten sich die einzelnen Module kombinieren, ausbauen und gegebenenfalls auch wieder reduzieren lassen. Soweit herrschte bei Referenten und Ausstellern Einigkeit. Unterschiedliche Sichtweisen finden sich hingegen beim Grad des firmenspezifischen Zuschnitts. Während Milius für eine möglichst passgenaue Architektur plädierte - was Kosten und technischen Aufwand entsprechend erhöht, konnte der Besucher an einigen Ständen auch andere Lösungen entdecken. So bietet die Firma add!brain, Bergisch-Gladbach, mit CON die betriebsbereite Infrastruktur einer Corporate University an, die bereits für einen Startpreis von 50.000 Mark zu haben ist. Die Inhalte - separat abgerechnet - liefert add!brain natürlich auch.
Das reichhaltige Angebot an technischen Lösungen passt indes nicht so richtig zur recht überschaubaren Zahl potenzieller Kunden. So glaubt Jaan Netzow, Vorstandsmitglied von learningonline in Neuler, dass sich mittelfristig einige der etablierten Software-Schmieden wie Lotus mit einer Standardlösung durchsetzen werden. Unter der Hand war bereits zu hören, dass eine Reihe von Anbietern ihre Plattform praktisch kostenlos beim Kunden installieren und sich den Return on Investment über die Beratung und den Verkauf von Inhalten versprechen. Genau hier scheint bei E-Learning-Lösungen auch noch der Hase im Pfeffer zu liegen. Netzow: 'Manchmal macht die Zielanalyse 70 Prozent des Projektumfangs aus.' Also: Wer ist die Zielgruppe? Wie sind die Teilnehmervoraussetzungen? Welche Lernziele sollen erreicht werden...? - Alles anders durch E-Learning? Wohl doch nicht.
Autor(en): (jgr)
Quelle: Training aktuell 12/00, Dezember 2000
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