Mit einem Schlauchboot stiegen zwei Jungunternehmer vor 25 Jahren ins Outdoor-Geschäft ein – und begründeten in Europa einen Trend, der auch die Weiterbildung prägen sollte. Outdoor-Pionier Werner Vetter über den Weg von der Bespaßung zur Burnout-Prävention.
Wie sind Sie vor 25 Jahren auf die Idee mit den Outdooraktivitäten gekommen? Werner Vetter: Eigentlich war das ein Nebenprodukt: Schon während des BWL-Studiums hatten mein Studienfreund Charly Siegl und ich beschlossen, dass wir Abenteuerreisen für den gehobenen Mittelstand anbieten wollen. Wir suchten eine Möglichkeit, die Kunden durch Kurz-Trips auf uns aufmerksam zu machen. Rafting, das wir kurz zuvor auf einer gemeinsamen Neuseeland-Reise kennen gelernt hatten, schien uns dafür geeignet. Wir suchten Kooperationspartner in der gehobenen Hotellerie, kauften ein Schlauchboot und legten los.
Und die Kunden kamen?Vetter: Überhaupt nicht, denn die Leute wussten überhaupt nicht, was Rafting ist. Zum Glück ist die Presse auf uns aufmerksam geworden und hat über den angeblichen Trend berichtet, der damals noch gar keiner war. Erst kam die Presse, dann der Trend – und zu guter Letzt kamen die Kunden. Ab da ging es steil nach oben: Die Zeit war einfach reif für so ein Angebot und wir hatten quasi keine Konkurrenz in Europa.
Warum haben Sie ihr Geschäft in den 90er-Jahren auf den B-to-B-Bereich ausgeweitet?Vetter: Firmen sind an uns herangetreten und haben uns gefragt, ob wir die Touren auch für Mitarbeiterteams anbieten können. Daraus entstand 1991 der Bereich 'Incentive & Event', 1992 kam der Bereich 'Beratung & Training' dazu, weil wir das Bedürfnis entwickelt hatten, die Naturerlebnisse nicht mehr nur als Event zu vermitteln, sondern sie auch inhaltlich nutzbar zu machen. Auch hier kam uns der Zeitgeist zugute, weil die Personalentwicklung den Einsatz von Outdoor-Elementen entdeckt hatte und wir einer der ersten Anbieter waren.
Sie verantworten den Bereich 'Beratung & Training' und leiten selbst Seminare. Wie hat sich dieser Bereich in den vergangenen Jahren verändert?Vetter: Die Arbeit ist sehr viel ernsthafter geworden. Früher wurden Seminare auch einmal als 'Bonbon' gebucht, der Auftrag konnte am Telefon geklärt werden. Das gibt es heute nicht mehr. Jetzt wird im Vorfeld sehr genau und sehr verbindlich geklärt, was das Trainingsziel ist. Auch die Themen haben sich verschoben: Wir begleiten heute oft Teams, die eine organisatorische Umstrukturierung hinter sich haben, sich etwa mit Entlassungen auseinandersetzen müssen. Das Thema seelische Belastungen bis hin zum Burnout ist in unseren Seminaren immer stärker präsent.
Was ist Ihrer Meinung nach der Top-Trainings-Thema der nächsten Jahre?Vetter: Ganz klar Burnout. In diesem Bereich wollen wir einen neuen Schwerpunkt setzen und haben bereits betriebliche Gesundheitsprogramme entwickelt. Allerdings passt das nicht mehr zum Namen faszinatour, deshalb haben wir 2008 zusammen mit der Klinik Wollmarshöhe das 'Institut für Erfahrungslernen', kurz 'infer', gegründet. Erfahrungsorientiertes Lernen in der Natur ist der Zaubertrank gegen seelische Belastungen und Burnout, davon sind wir überzeugt. Eine Studie der Klinik Wollmarshöhe mit 250 Patienten hat die Wirksamkeit von Outdoor-Interventionen bereits wissenschaftlich belegt.
Outdoor-Dienstleister galten als großer Verlierer der Wirtschaftskrise. Wie war das Jahr 2009 für faszinatour?Vetter: Schlecht, aber nicht ganz so schlecht wie befürchtet. Wir hatten einen Umsatzeinbruch von 30 Prozent. Aber wir sind guten Mutes, dass es wieder aufwärts geht. Ein Zeichen dafür: Der Juni 2010 war der stärkste Buchungsmonat seit 14 Monaten.
(Interview:
Corinna Moser)
- 1985 boten die Studienfreunde Charly Siegl und Werner Vetter die ersten Rafting-Touren an. 1986 gründeten sie die faszinatour Abenteuerreisen GmbH, die sich heute vom Firmensitz Haiming/Tirol aus um das Endkundengeschäft kümmert. Die faszinatour Touristik-Training-Event GmbH mit Sitz im bayerischen Immenstadt ist für das B-to-B-Geschäft zuständig. Rund 90 festangestellte Mitarbeiter betreuen sechs Geschäftsbereiche, zu denen seit 1997 auch der Bau von Hochseilgärten gehört.