e-Learning ist nicht gleich e-Learning - zumindest nicht in Bezug auf den Nutzen, den sich Unternehmen von einer Einführung versprechen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die im Rahmen der Promotionsarbeit von Bernhard Warsitz, Consultant der CML Services GmbH, München, erstellt wurde. 29 leitende Personalentwickler sind nach momentanen und zukünftigen Einsatzfeldern von e-Learning befragt worden. Demnach setzen Unternehmen e-Learning momentan vor allem ein, um die Informations- und Wissensvermittlung flexibel und schnell zu halten. Darüber hinaus geht es einigen Unternehmen um die Möglichkeit der Standardisierung von Informations- und Bildungsinhalten sowie um die zentrale Organisation derselben.
Befragt nach der Zukunft von e-Learning-Umgebungen nennen die Personalentwickler zwei Visionen: das so genannte situativ-problemorientierte und das so genannte personalisierte curriculare e-Learning. Ersterer Fall meint, dass der Mitarbeiter am Arbeitsplatz Zugriff auf eine modulare Informations- oder Lerneinheit hat, mit dem er ein auftretendes Problem lösen kann. Die zweite Vision beschreibt eine Umgebung, über die der Mitarbeiter mittels eines vorgegebenen Lernwegs auf eine zukünftige Aufgabe vorbereitet wird. Dieses Szenario ist laut Studie momentan verbreiteter. Erwartet wird jedoch, dass sich beide Richtungen ergänzen und sich ein integratives Konzept etablieren wird.
Wie die Befragung zeigt, wird an der Integration von e-Learning bereits jetzt gearbeitet: Unternehmen erachten nämlich die Verbindung von e-Learning mit Kompetenz- und Wissensmanagement als positiv und sinnvoll. Die Verbindung mit einer Skilldatenbank wird vor allem im Hinblick auf eine Lernzielkontrolle bzw. auf eine Gap-Analyse als auch im Hinblick auf ein Experten-Finding-System für wünschenswert gehalten. Allerdings sehen die Personalentwickler, die Projekte dieser Art bereits in Angriff genommen haben, zahlreiche Probleme, die durch hohe Fluktuationen der Mitarbeiter und Schwierigkeiten mit dem Betriebsrat bedingt sind. Auch die Frage, wer die Daten pflegen und aktualisieren soll, bereitet Bauchschmerzen.
Mit Stolperfallen haben die Personalentwickler jedoch nicht nur beim Aus-, sondern auch schon beim Aufbau zu tun. So wird bisweilen die mangelnde finanzielle und strategische Unterstützung durch das Top-Management beklagt, ebenso die Vernachlässigung des Themas Didaktik und die mangelnde Qualität der auf dem Markt befindlichen Lernsoftware. Größter Hemmschuh ist laut Studie das Thema selbstgesteuertes Lernen: Mit der Akzeptanz und der Wertschätzung des selbstgesteuerten Lernens sei es bei den Mitarbeitern nicht weit her, zudem fehlten ihnen die Fähigkeiten zur Nutzung der neuen Medien. Die Studie schließt daher damit, die aus Expertensicht bedeutsamen Strategien zur Förderung selbstgesteuerten Lernens vorzustellen (siehe Kasten).
Erhältlich ist die Studie in einer Druck- (175 Euro) und einer Online-Version (400 Euro) unter Strategien zur Förderung selbstgesteuerten Lernens
_Behutsames, schrittweises Vorgehen im Auf- und Ausbau von e-Learning:
Pilotprojeke aufsetzen; mit einem Highlight starten, das Nutzen für Mitarbeiter transparent macht
_ Herstellung geeigneter Lernbedingungen:
separaten Lernraum einrichten; Lernzeichen am Arbeitsplatz setzen; flexible Lernortwahl durch Bereitstellung eines Notebooks ermöglichen; feste Lernzeiten festlegen; Lernzeit mit Arbeitszeit verrechnen; Lernzeiten zuhause mit Arbeitszeit verrechnen
_ Steigerung der Wertschätzung des selbstgesteuerten Lernens:
Mitarbeiter selbst über die Nutzung von e-Learning-Angeboten entscheiden lassen; Nutzen transparent machen, qualitativ hochwertige Lernsoftware einsetzen; an bestehende Lerngewohnheiten anknüpfen (Verknüpfung mit Präsenzseminaren); Mitarbeiter in Konzeption mit einbeziehen, internes Marketing betreiben (alle Kommunikationswege nutzen); e-Learning als Bestandteil aufeinander aufbauender Weiterbildungskonzepte anbieten; Zertifikate ausstellen; keine monetären Anreize anbieten, materielle Anreize anbieten (Dinge, die im Lernprozesse benutzt werden können wie Mousepad)
_Mitarbeiter mit neuen Medien vertraut machen:
Lernsoftware auch für Privatgebrauch anbieten; Schnupper-bzw. Add-on-Angebote machen, Lernsoftware zu Themen bereitstellen, die für den Mitarbeiter existenziell sind (z.B. Versenden von e-Mails); Selbstlernkompetenz zum Lerninhalt machen; e-Learning verbindlicher machen durch zeitlich begrenzten Zugriff
_Einbeziehung und Qualifizierung der so genannten Implementierungsträger:
Betriebsrat frühzeitig einbeziehen; Führungskräfte als Lernkulturträger und Promotoren einsetzen; Trainer vom Nutzen überzeugen und im Umgang mit e-Learning schulen