Wer mag sich heute noch an die Aktion 'Bachelor Welcome' erinnern? Damals, vor fast sechs Jahren, wollte eine Gruppe von Unternehmen eine frohe Botschaft senden: Absolventen neuen Typs sollten mit offenen Armen empfangen werden. Inzwischen aber sind die Willkommensgrüße verhallt, die Personaler zum Business as usual übergegangen – ganz so, als hätte sich in Bezug auf den Nachwuchs nichts verändert.
Dem ist jedoch mitnichten so: Denn die Hochschulen haben ihr Stuttgart 21 bereits hinter sich. Das alte Gebäude aus Diplom- und Magister-Studiengängen wurde vom Jahr 1999 an abgerissen. Die Befürworter des Umbaus riefen 'Tempo, Tempo', weil sie die Angebote der Hochschulen im Zuge der Reform auf den ICE-Stil trimmen wollten: Schneller, internationaler und standardisierter sollten sie sein. Wie der neue Tiefbahnhof hat die Riesenbaustelle unter dem Schild 'Bologna-Reform' für die Reisenden des Hochschulsystems neue Wege geschaffen – die Mehrheit der Studenten lernt heute bereits schnell und billig. 80 Prozent der Studiengänge sind umgestellt, meldet der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft. Jedes Jahr kommen mehr Absolventen neuen Typs aus den Hochschulen – aber viele Unternehmen sind auf sie nicht vorbereitet.
'Wer mit dem neuen Abgangszeugnis nach einem Job sucht, trifft auf lächerlich wenig Stellenangebote', kritisiert Dr. Christian Scholz von der Universität des Saarlandes. Der BWL-Professor hat sich genauer angeschaut, was die Erstunterzeichner der Bachelor-Welcome-Erklärung an Stellen anbieten. Ergebnis: Null spezielle Angebote für den Berufseinstieg von Absolventen der neuen Express-Studiengänge, und nur 39 Angebote, die sich immerhin auch an Bachelor ohne Berufserfahrung richten. 'Das ist makaber', wettert der Wissenschaftler. Willkommensgesten sehen anders aus.
Extras:- Schlagwort Bologna: Die Reform in Kürze
- Bologna-Agenda: Was jetzt in den HR-Ressorts zu tun ist
- Interview: Der Bologna-Kritiker Professor Dr. Christian Scholz über verpasste Chancen und verbleibende Optionen im Jahr elf nach der Reform