Sie selbst sehen sich als Visionär, als einen der abstrahieren kann und vorausschauen, einen, der anderen den Weg in die Zukunft aufzeigen kann und sie mitnimmt mit seiner Begeisterungsfähigkeit. Und dann das: Als der Vorstand beschließt, einen Change-Prozess anzustoßen, sind Sie nicht in der Steuerungsgruppe. Auf dem Flur klopft Ihnen der Chef jovial auf die Schulter und meint, sie als Praxis-Profi hätte man nicht aus dem Alltagsgeschäft reißen wollen. Dafür seien Sie sicher dankbar.
Haben Sie eine solche Erfahrung schon einmal gemacht? Schuld daran sind die so genannten blinden Flecken, die jeder Mensch hat. Mit dem Begriff werden Persönlichkeitsanteile bezeichnet, die sich der eigenen Wahrnehmung entziehen, im Umfeld aber durchaus bekannt sind. Beispielsweise können Sie sicher ohne Probleme die schwierigeren Seiten Ihres Chefs benennen, ohne dass der davon wüsste. Und wenn Sie wiederum Ihre Mitarbeiter nach den eigenen Stärken und Schwächen befragen würden, würden Sie vielleicht auch eine Überraschung erleben.
Der Begriff des blinden Flecks wurde im Jahr 1955 von den Sozialpsychologen Joseph Luft and Harry Ingham von der University of California das erste Mal in die Diskussion gebracht. Die Amerikaner wollten Verhaltensweisen aus dem unbewussten Bereich bewusst machen und schufen dazu das Johari-Fenster (benannt nach den Forscher-Vornamen Joseph und Harry). Das Modell unterteilt die Wirkung eines Verhaltens in vier Quadranten: Neben Feldern wie der öffentlichen Person findet sich auch der blinde Fleck. Er bezeichnet den Anteil unseres Verhaltens, der uns selbst nicht bewusst ist, von den anderen Mitgliedern der Gruppe hingegen recht deutlich wahrgenommen wird: die unbedachten und unbewussten Angewohnheiten und Marotten, die Vorurteile, Zu- und Abneigungen.
Extra:- Einschätzungsbogen: Vergleich von Eigen- und Fremdbild