Als eingefleischter Kinogänger kennt man solche Dialoge: 'Spock, wie lange brauchen Sie, um den Warp-Antrieb zu reparieren?' 'Nun Captain, unsere Energieversorgung ist komplett zusammengebrochen, die Hauptkonsole durchgeschmorrt... - mindestens zwei Tage.' 'Spock, ich gebe Ihnen exakt 20 Minuten!' 'Okay Captain. Ich versuch´s.' So oder so ähnlich sieht der Alltag nicht nur in fernen Galaxien aus, sondern offensichtlich auch in amerikanischen Unternehmen. Der tragische Held des Wirtschaftsromans 'Das Ziel' heißt Alex Rogo. Seine Mission Impossible: eine durch und durch unproduktive Fabrik innerhalb von drei Monaten wieder in die Gewinnzone zu bugsieren. Die Lage ist mehr als dramatisch. Kein Liefertermin wird mehr eingehalten, die Mitarbeiter gehen sich gegenseitig an den Kragen und Rogos Vorgesetzter parkt seinen Mercedes bereits ostentativ auf dem Platz, der eigentlich ihm vorbehalten ist. 'Ich bin vorbeigekommen, um Ihren verdammten Kopf zu retten!' Noch Fragen? Klar, Rogos Ehe ist auch am Ende.
Zugegeben, der Einstieg in das Buch strapaziert so ziemlich alle Klischees, die Mitteleuropäer vom American Way of Business haben dürften. Unweigerlich ertappt man sich bei der Frage, ob die Rolle des Rogo besser mit Dustin Hoffmann oder mit Al Pacino besetzt wäre. Doch mit Fortgang der Handlung gewinnen die Inhalte zunehmend an fachlicher Substanz, und die Romanform offenbart unversehens ihre didaktische Qualität. Werksdirektor Rogo erörtert die Frage, wie sich in einem weitgehend automatisierten Industriebetrieb Arbeitsprozesse und Fertigungsabläufe auf Effizienz trimmen lassen, im Dialog mit seinen Mitarbeitern. Schritt für Schritt versuchen sie die bisweilen fatalen Wechselwirkungen zwischen Durchlaufzeiten, Betriebskosten und Kapazitätsauslastung zu verstehen. Sie identifizieren die Engpässe im System und erkennen, dass sie ihrem gesunden Menschenverstand mehr vertrauen können als allen Kennzahlen. So erarbeitet sich Rogo zum Ende des Romans seinen persönlichen Zugang zum Konstruktivismus: 'Wir haben es gar nicht bloß mit Vorgehensweisen, sondern eigentlich mit Denkweisen zu tun.'
Ach, ja. Natürlich versöhnt sich Rogo wieder mit seiner Frau, schafft mit ihrer beratenden Unterstützung den nicht für möglich gehaltenen Turn around und heimst das Lob seines respektlos parkenden Vorgesetzten ein. Und so endet der Roman ebenso amerikanisch wie filmreif: Rogos engster Mitarbeiter Lou legt den Arm um seine Schulter und sagt: 'Ich bin stolz, für Sie zu arbeiten!' Tipp an Captain Kirk: Solche Typen reparieren auch den Warp-Antrieb.
Eliyahu Goldratt, Jeff Cox: Das Ziel, Campus 2001, ISBN 3-593-36701-7, 49,80 Mark.