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Verhaltensexperiment

Macht macht lügen leichter

'Je mehr Schwäche, je mehr Lüge. Kraft geht gerade', glaubte der Schriftsteller Jean Paul zu wissen. Doch genau das Gegenteil scheint der Fall: Je mehr Macht jemand besitzt, desto wahrscheinlicher ist es, dass ihm eine Lüge über die Lippen geht. Diesen Schluss legt zumindest eine Studie an der Columbia Business School nahe. Das Forscherteam um die Management-Professorin Dana R. Carney teilte 47 Freiwillige in zwei Gruppen ein. Die einen simulierten Führungskräfte und erhielten ein großes Büro. Die anderen, die die Rolle von Angestellten einnahmen, wurden in einen kleinen fensterlosen Raum gesetzt.

Die Aufgabe der Probanden bestand nun darin, 100 Dollar zu finden, die die Wissenschaftler vorher in den Räumen versteckt hatten. Jeweils die eine Hälfte der 'Führungskräfte' und der 'Angestellten' sollte das Geld an einen zugeteilten Betreuer übergeben, die andere Hälfte es heimlich einstecken und ihrem Betreuer möglichst glaubhaft versichern, es nicht gefunden zu haben. Unmittelbar im Anschluss nahmen die Forscher bei allen Probanden Speichelproben, über die sie deren Stresslevel bestimmten. Erwartungsgemäß zeigte sich bei den ehrlichen Findern, der Kontrollgruppe, kein signifikanter Anstieg des Stressniveaus. In der Gruppe der Lügner stieg bei den 'Angestellten' der Stresspegel deutlich an, während das Flunkern bei den 'Führungskräften' nur sehr geringen bis gar keinen Stress auslöste. 'Offenbar macht das Gefühl von Macht lügen leichter', schreibt Carney im Studienbericht. Mächtige Menschen fürchteten sich weniger vor Strafen und könnten Unwahrheiten daher souveräner auftischen. Dass mächtige Personen wie Topmanager und Politiker von dieser Fähigkeit Gebrauch machen und überdurchschnittlich häufig lügen, ist laut der Wissenschaftlerin sehr wahrscheinlich.
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