Jedes Unternehmen hat sie - aber jeder Mitarbeiter hat andere Vorstellungen von ihr. Sie wird von jedem einzelnen unmittelbar beeinflußt. Doch an der Aufgabe, sie in einer bestimmten Richtung zu beeinflussen, beißen sich unzählige Unternehmen die Zähne aus. Die Rede ist von der Unternehmenskultur, die – wenn sie stimmig ist – als Aushängeschild erfolgreicher Unternehmen gilt. Aber Vorsicht: Einige dieser „Vorzeigeunternehmen” haben sich noch nicht einmal explizit mit ihr beschäftigt.
Manchmal hat die Diskussion um die Unternehmenskultur auch etwas schizoides: Sie soll – so sagt man – den Mitarbeitern sinnstiftende Orientierung für ihre Arbeit geben. Denn der alleinige, schnöde Zweck des Geldverdienens stelle für Unternehmen kein Ziel und für Mitarbeiter keine dauerhafte wie tiefere Befriedigung dar. Obligatorisch begründet wird dies mit Abraham Maslow und seiner berühmten Bedürfnispyramide. Begründet wird der Nutzen einer stimmigen Unternehmenskultur allerdings ebenso häufig mit dem schnöden Zweck: des größeren wirtschaftlichen Erfolgs gegenüber den Wettbewerbern.
Und als ob diese vermeintlichen Widersprüche noch nicht ausreichen würden, droht der Unternehmenskultur neuerdings von ganz anderer Seite Ungemach. „Wer unverwechselbare Produkte schaffen will, braucht eine feste Mannschaft und ein Minimum an Unternehmenskultur”, so Roland Schneider, Technologieexperte des DGB in der Wirtschaftswoche vom 2. Juli ´93. Doch diesem Postulat, das in den 80er Jahren durch Waterman/Peters und ihren Bestseller „Auf der Suche nach Spitzenleistungen” die Chefetagen durchdrang, sagt im selben Beitrag der Wirtschaftsforscher Gerhard Staab das baldige Ende voraus: „Das klassische Unternehmen als Organisationsform, wo sich Mitarbeiter zu festen Zeiten an einem Ort versammeln müssen, hat ausgedient.” Wozu sich also noch um die Gestaltung einer Unternehmenskultur bemühen? Können wir dieses Thema – in Zeiten üppiger Bildungsbudgets in Form von Workshops ausgesprochen beliebt - endgültig ad acta legen?…