Um gleich die schlimmsten Befürchtungen des Lesers vorwegzunehmen: Ja, systemisches Denken basiert auf einer Weltanschauung, einer „anderen” Wahrnehmung der Wirklichkeit. Und um diesen Befürchtungen noch die Spitze aufzusetzen: Wer Managementaufgaben wahrnimmt, wird sich zwangsläufig mit dieser Weltanschauung beschäftigen müssen. Und dies aus zwei Gründen:
• Nahezu alle derzeit diskutierten Schlagworte, wie Change Management, lernende Organisation, arbeitsplatznahes Lernen, Prozeßbegleitung und -optimierung, finden ihre mehr oder minder plausible Begründung in den unterschiedlichen Ansätzen zur Systemtheorie.
• Mit unserer „normalen” Denke sind wir den heutigen Managementaufgaben nicht mehr gewachsen. Dies ist sogar wissenschaftlich eindrucksvoll belegt.
Vor mehr als zehn Jahren sorgte das sogenannte Lohhausen-Experiment von Dietrich Dörner und Franz Reither für Aufsehen. Unterschiedliche Versuchsgruppen wurden dabei mit einer scheinbar einfachen Aufgabe konfroniert: Sie sollten mittels Computersimulation die Entwicklung der fiktiven mittelgroßen Gemeinde Lohhausen über einen festen Zeitraum steuern und dabei möglichst ein besseres Ergebnis als das der Ausgangssituation zugrundeliegende erzielen. Die Ergebnisse waren jedoch durchweg katastrophal – weitgehend unabhängig von Kompetenz, Erfahrung und Bildungsstand der Versuchsgruppen. Mehr noch: Die in bester Absicht gemachten Eingriffe ins System Lohhausen hatten fatalere Konsequenzen, als wenn überhaupt nichts geschehen und entschieden worden wäre. Es zeigte sich, daß die erlernten Entscheidungsstrategien und Verhaltensweisen der am Experiment Beteiligten sich auf einfache Ursache-Wirkungs-Prinzipien beschränkten. Bei hoher Komplexität versagten sie jedoch…