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Symposium: Management by Meditation

'Führung - Ethik - Meditation: Aufbruch in ein neues Bewusstsein' - unter diesem Motto versuchte ein Symposium der 'Zen-Akademie für Führungskräfte' den Brückenschlag zwischen Meditation und werteorientierter Führung. Für managerSeminare berichtet Anne Jacoby.

Die Krise ist bei den Managern angekommen. Trieb den Club of Rome in den 60er Jahren noch die Sorge um die Natur und ihre Ressourcen um, sehen sich Manager heute unmittelbar selbst in Gefahr: 'Schlafstörungen, mangelnde Konzentrationsfähigkeit, innere Unruhe, Schuldgefühle, Überlastungserscheinungen, Burnout-Syndrome', benennt Dr. Hans Wielens, ehemaliger Vorstandschef der Deutschen Bank Bauspar AG, die akuten Probleme.

Was dagegen hilft? 'Meditation', lautete kurz und knapp Wielens´ Antwort auf dem Symposium 'Führung - Ethik - Meditation', das seine 'Europäische Zen-Akademie für Führungskräfte' vom 15. Bis 16. April 2002 in Münster ausgerichtet hat. Wer weltentrückte Esoteriker erwartete, wurde positiv überrascht. Auf der Rednerliste fanden sich namhafte Referenten wie Dr. Wilfried Guth, langjähriger Vorstandssprecher und Aufsichtsratvorsitzender der Deutschen Bank AG, sowie Paul J. Kohtes, Gründer der international tätigen Beratungsgruppe ECC Kohtes Klewes. Ihnen gegenüber saßen etwa 40 Teilnehmer, vor allem Männer im besten Manager-Alter, die wissen wollten, was Führungsfähigkeit mit Meditation zu tun hat.

Die Ordnung der Natur auf Unternehmen übertragen

Zur Erklärung der Verbindung griff Wielens auf die Naturwissenschaften zurück: Ende des 20. Jahrhunderts hätten die Komplexitätswissenschaften (Kybernetik, Chaostheorie etc.) entdeckt, dass die Wirklichkeit aus Einheiten bestehe, die sich selbständig organisieren und hierarchisch ordnen können. Alle Einheiten zeichneten sich durch die Fähigkeit aus, ihre Autonomie zu wahren, während sie sich gleichzeitig veränderten, weil sie ihre Integration in die nächst höhere Hierarchiestufe anstrebten. Für Ex-Manager Wielens lag der Vergleich zum Ordnungsprinzip eines Unternehmens auf der Hand: 'Wesentlich ist dabei, dass es sich nicht um eine Kontrollhierarchie handelt, in der Informationen nach oben und Befehle nach unten fließen, sondern um eine Verwirklichungshierarchie.'

Vom Gedanken Verwirklichungshierarchie ist der Schritt zum Thema Führung nicht mehr groß. Wielens: 'Der richtige Umgang mit einem Mitarbeiter bedeutet, ihn in seiner Individualität zu verstehen und zu respektieren und ihn so zu behandeln, dass er von seinen Möglichkeiten im besten Sinne Gebrauch macht.' Dazu gehöre ein Höchstmaß von Respekt und Akzeptanz - auch gegenüber Eigensinnigkeiten und Querköpfigkeit.

Per Meditation Verantwortung übernehmen

Diese Erkenntnis ist so neu nicht. Gleichwohl haben viele Konflikte zwischen Führungskräften und ihren Mitarbeitern hier ihren Knackpunkt. Und den will Wielens mit Meditation beheben. Er erklärte: 'Wer meditiert, wird unabhängiger von oberflächlichen Emotionsstürmen, kann intuitiver handeln, kommt zu mehr Klarheit im Denken, löst sich von überkommenen Vorstellungen - vor allem von der Maske, die er sich im Laufe der Zeit selbst aufgesetzt hat und die häufig nicht mehr viel gemein hat mit dem, der er in seinem tiefsten Inneren wirklich ist.'

In seinem tiefsten Inneren findet er laut Wielens nicht das mühsam gesuchte 'Selbst', sondern ein tiefes, inneres Verständnis dessen, wie die Welt im Innersten zusammenhält. Wer einmal erfahren habe, wie der Mensch vom Menschen, von den Unternehmen und letztlich von der Natur und dem Kosmos abhängig sei, übernehme - gleichsam automatisch - Verantwortung nicht nur für seine Quartalsberichte, sondern globale Verantwortung. Und dazu gehören neben den natürlichen Ressourcen eben auch die Mitarbeiter, Kunden und Mitbewerber.

Zen lässt sich intellektuell nicht erklären

Mit dieser Erklärung war man beim Thema werteorientierte Führung angelangt. Damit allerdings auch bei dem zentralen Problem dieses Gedankengangs bzw. des Kongresses: Der Moment des inneren Erkennens, der meditierenden Menschen offenbar geläufig ist, lässt sich sprachlich kaum fassen und deshalb auch schlecht per Vortrag vermitteln. Dr. Peter Zürn, bekannt als Autor und ehemaliger Leiter der Baden-Badener Unternehmergespräche, praktiziert seit 30 Jahren die Meditationsmethode Zen und erklärte: 'Zen ist transrational und translogisch und damit intellektuell nicht erfassbar, sondern nur existenziell nachvollziehbar.'

An diesem Umstand änderten auch die von ausgewiesenen Zen-Lehrern angeleiteten Kurzmeditationen zwischen den Vorträgen nichts. Gleichwohl folgten die Teilnehmer bereitwillig den Anweisungen, konzentrierten sich gern auf 'diesen einen Atemzug', um nach etlichen Minuten mit geröteten Wangen aus ihrer Meditation aufzutauchen. Zen-Meditation lässt sich ohnehin gut mit dem Manager-Dasein vereinbaren: Sie ist nicht an Räucherstäbchen, nicht an feste Rituale und auch nicht ein eine bestimmte Religion oder Konfession gebunden. Zazen, die Praxis des Zen, bedeutet nichts anderes als 'Sitzen in Stille'. Und das kann man, so zeigte das Symposium, auch im italienischen Anzug.

Der gesamte Lebensstil eines Managers muss überzeugen

Als einziger Redner, der nicht meditiert, trat Dr. Wilfried Guth auf. Der 83jährige hielt ein leidenschaftliches Plädoyer für werteorientierte Führung: Es komme nicht darauf an, Unternehmensziele zu formulieren, sondern sie zu leben. Nur die Persönlichkeit und das Handeln einer Führungskraft könnten einen Mitarbeiter überzeugen. Dazu zähle der gesamte Lebensstil des Managers, der sich durch harte Arbeit und Entbehrung auszeichnen, aber auch Raum für Muße und kulturelle Anregungen bieten müsse: 'Der entspannte Chef ist der bessere Motivator', so Guth.

Guth zeigte sich erleichtert, dass die 'Überbetonung des Shareholder-Value' wieder zurückgenommen werde zugunsten des Stakeholder Value und damit einer größeren Verantwortung gegenüber Mitarbeitern, Kunden und Lieferanten, aber auch gegenüber dem Staat: 'Ein Unternehmer hat die Pflicht, sich in die politische Diskussion einzuschalten, auch wenn es unbequem ist', forderte Guth. Er habe die Aufgabe, sich für die Förderung von Bildung, Wissenschaft und Kultur einzusetzen.

Erfolgreich sein war eine ethische Pflicht des Managers

Einer, der im Guth´schen Sinne gehandelt hat, ist Paul J. Kohtes. Der Gründer von ECC Kohtes Klewes hat seine Unternehmensanteile in die von ihm gegründete 'Identity-Foundation' eingebracht: eine Stiftung, die neue Erkenntnisse zum Thema Identität gewinnen will, 'um Menschen zu einem freien und selbst bestimmten Leben zu führen'. Kothes ist durch eine persönliche Krise auf den Zen-Weg gekommen: 'Mir war klar, wenn ich weiter zu 120 Prozent arbeite, werde ich schwer krank oder ich flippe aus.' Mittlerweile ist er aus dem klassischen Manager-Leben ausgestiegen: 'Den Berufsstress kann ich mir heute nicht mehr vorstellen.' Mit dieser Einstellung steht er nicht alleine: Die Studien über die Werthaltungen von Spitzenmanagern, die seine Stiftung in Auftrag geben hat, zeigen, dass die Manager der Old Economy es als ihre 'ethische Pflicht' empfunden hatten, erfolgreich zu sein. Die neuen Manager indes wollen 'Spaß am Erfolg'.

Spaß statt Pflicht, Entspannung statt Stress, Verantwortung statt Profit, Bewegung statt Stillstand - das klingt auch nach Wertewandel und Paradigmenwechsel. Und das soll mit Meditation gelingen? 'Ich bin sehr optimistisch', sagte Wielens, die von ihm geladenen Redner stimmten unisono zu. Warum gerade jetzt? Michael von Brück, Professor für Religionswissenschaften an der Uni München, attestierte eine 'neue Nachdenklichkeit', Kohtes eine 'neue Generation, die weltoffener und meditativer' ist.

Dr. Anna Gamma, Leiterin des Lassalle-Institutes in Bad Schönbrunn (Schweiz), untermauerte die Einschätzungen mit Fakten: 49 Prozent der von ihr befragten Unternehmer sehen sich in einer direkten Verantwortung für 'Erde und Kosmos'. Ein erstaunliches Ergebnis, fand Gamma. Aber sie warnte auch vor überzogenen Hoffnungen: 'Der Weg nach Innen reicht nicht aus', sagte sie. 'Es müssen die Strukturen der Wirtschaft so verändert werden, dass sie die Menschen mit ihren neuen Erfahrungsräumen ‚abholen’. Sonst bekommen die große Schwierigkeiten!' Oder sie steigen aus, wie Paul J. Kohtes.

Vom Manager zum Meditierenden: v.l. Dr. Hans Wielens (links), Gründer der 'Europäischen Zen-Akademie für Führungskräfte', Zen-Lehrer Prof. Dr. Michael von Brück, Professor für Religionswissenschaften an der Universität München, Paul J. Kohtes, Gründer der PR-Agentur ECC Kohtes Klewes, heute Zen-Schüler von von Brück
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