Von wegen Volk der Dichter und Denker ... Wenn es darum geht, den eigenen Horizont zu erweitern, dann greifen deutsche Top-Manager selten zum Buch: Nur 33 Prozent von ihnen widmen sich der Lektüre, während es in den USA satte 60 Prozent, in Frankreich 54 Prozent und in Großbritannien immerhin 43 Prozent tun. Dagegen treibt der deutsche Vorgesetzte, um sein Bewusstsein jenseits der Bilanzen zu erweitern, auffällig mehr Sport als seine Auslandskollegen. Der US-Amerikaner beschäftigt sich häufiger als alle anderen mit spirituellen Inhalten. Herausgefunden haben dies die Berater von Egon Zehnder International in einer Befragung unter 133 Top-Executives aus Deutschland, den USA, Frankreich und Großbritannien. Demnach führen Gespräche mit interessanten Personen die Liste der Horizont erweiternden Aktivitäten bei fast allen Nationalitäten an.
Wenn es darum geht, woraus die Top-Leader ihre prägendsten Bildungserfahrungen ziehen bzw. bezogen haben, dann nennen deutsche Führungskräfte sehr viel häufiger ihr Elternhaus als Manager aus den USA und Frankreich - und etwas häufiger als britische Führungskräfte das tun. Am hiesigen Bildungssystem lassen die deutschen Top-Executives dagegen kein gutes Haar. Während 77 Prozent der französischen Manager volles Vertrauen ins eigene Schulsystem haben, ist nicht einmal jede fünfte deutsche Top-Führungskraft mit der Performance des deutschen Schulsystems zufrieden.
Schuld sind aus Managersicht die Lehrer: Für unmotiviert und schlecht qualifiziert halten sie diese. Kein Manager anderer Nationalität ist derart enttäuscht vom eigenen Bildungssystem. Umgekehrt sind die deutschen Manager ungewöhnlich überzeugt vom MBA-Titel: Ungleich mehr deutsche als amerikanische, britische und französische Manager meinen, der Titel bereite auf die Herausforderungen des realen Business-Lebens vor. Und das, obwohl sich hierzulande weniger Führungskräfte mit einem MBA schmücken können als anderswo.
Wenig verwunderlich ist es angesichts der Begeisterung für Bildung im Ausland, dass deutsche Manager auch Auslandsaufenthalten eine bedeutendere Rolle zuschreiben als ihre amerikanischen, britischen und französischen Berufskollegen. Auslandsaufenthalte gehören hierzulande eher zum Weiterbildungskanon als anderswo. Beim Thema formale berufliche Weiterbildung zeigen sich die deutschen Manager allerdings trotz eines üppigen Angebotes zurückhaltender als die Kollegen jenseits der Grenzen: Während z.B. britische Führungskräfte in den Jahren 2005 und 2006 zwei bis drei Weiterbildungsangebote wahrgenommen haben, haben deutsche Manager im selben Zeitraum nur eine einzige Fortbildung besucht.