Die Kundendienstmitarbeiter des amerikanischen Technik-Konzerns Xerox lieben Reparatur-Geschichten: In den Mittags- und Kaffeepausen lauschen sie aufmerksam, wenn Kollegen von ihren Erlebnissen mit Kunden und deren Bürogeräten berichten. Und auch bei abendlichen Kneipengängen geht es in ihren Gesprächen um knifflige Probleme in ihrem Job und wie sie schließlich gelöst wurden. Ihre Erzählfreude bringt nicht nur mit sich, dass besondere Leistungen von den Kollegen gebührend bewundert werden. Sie führt auch dazu, dass Wissen weitergegeben wird, das den Technikern bei ihrer Arbeit hilft.
Als der zuständige Weiterbildungsexperte erkannte, dass dieser informelle Austausch mehr bringt als Handbücher und Datenbanken, bestärkte er die Techniker in ihrer Erzählleidenschaft, in dem er ihnen geeignete Kommunikationsmittel zur Verfügung stellte. Mit dieser Maßnahme gelang es Xerox, innerhalb von zwei Jahren die Servicezeit und den Einzelteileverbrauch um zehn Prozent zu reduzieren, die Lernkurve der Service-Techniker um 300 Prozent zu verbessern und die Kundenzufriedenheit messbar zu steigern.
Bei diesem vom Unternehmen geförderten Geschichtenfluss handelt es sich um das wohl bekannteste Beispiel für eine neue Managementmethode, die derzeit immer häufiger von sich reden macht: das so genannte Storytelling. In den USA sind weitere prominente Vorreiter IBM und die Weltbank. In Deutschland haben unter anderem Siemens, die Telekom-Tochter T-Mobile und die Axa Colonia die Kraft des Erzählens entdeckt. Die Unternehmen setzen Geschichten zum Wissens- und Erfahrungsaustausch, aber auch zur Verbesserung des Kommunikationsflusses oder der Unterstützung von Change-Prozessen ein.
Extras:
- Info-Kasten: Für welche Zwecke Storytelling eingesetzt wird.
- Buchtipps: Kurzrezensionen der Bücher 'Storymanagement' von Michael Loebbert und 'Storytelling' von Karolina Frenzel, Michael Müller und Hermann Sottong.