Wissen

Rhetorik

Nicht jeder ist ein Berliner

Schweißperlen auf der Stirn, Kloß im Hals, feuchte Handinnenflächen und Herzklopfen - fast jeder kennt die Nebenwirkungen des Vortragens. Manchem bereitet die Vorstellung, vor einer Gruppe von Leuten reden zu müssen, vorab schon schlaflose Nächte und wenn es dann soweit ist, einen Adrenalin-Stoß nach dem anderen. Doch: Wer wirksam führen will, muß souverän auftreten und andere überzeugen können. Was aber tun, wenn einem die Redekunst nicht unbedingt in die Wiege gelegt wurde?
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Montagmorgen, 10 Uhr in Münster: Die Teilnehmer des Rhetorik-Seminars des Management-Instituts Dr. Kitzmann sind versammelt. Eine bunt gemischte Gruppe im Alter von 24 Jahren bis - grob geschätzt - 60 Jahre: Student, Tierarzt, Unternehmensberater, Geschäftsführer, Projektmanager, Bürgermeister, Vertriebsleiter, Journalistin. So heterogen wie die Gruppe auf den ersten Blick erscheint, ist sie jedoch nicht. Wie Trainer und Supervisor Michael Wunder erklärt, sind dies Leute, bei denen aufgrund des Berufes davon ausgegangen werden kann, daß sie eine gewisse Redeerfahrung mitbringen.

Wie sich während der zwei Seminartage herausstellt, ist das auch so: Alle müssen des öfteren Reden halten, sind sich irgendwie gearteter Redeschwächen bewußt und wollen hinzulernen in Punkto freies Reden und Selbstsicherheit. Ohne viel Vorgeplänkel geht es in media res. Nacheinander präsentieren die Teilnehmer ihre Reden zu selbst gewählten Themen, Vortragsdauer zwischen einer und drei Minuten. Michael Wunder filmt dabei mit der Videokamera.

Erstaunlich wie positiv sich die Videokamera auf den Seminarverlauf auswirkt. Hätte man nicht erwartet, daß sich die Teilnehmer zieren oder sich ganz besonders nervös verhalten aufgrund der videotechnischen Dokumentation? Genau das Gegenteil ist der Fall. Hilfreich und interessant finden es die Teilnehmer, ihre eigene Stimme zu hören, ihre Wortwahl kritisch unter die Lupe zu nehmen, ihre Hände beim Reden zu beobachten und ihr eigenes Blickverhalten zu erforschen.

Der eine muß lachen und dem anderen ist eher nach Weinen zumute beim Anschauen und Analysieren der Videoaufzeichung. Alle finden jedoch sogleich eine ganze Reihe von Dingen, die verbesserungswürdig sind. 'Ich rede zu schnell, mache keine Pausen', 'Warum bewege ich den Kopf so hektisch, ohne wirklich einen meiner Zuhörer anzugucken?', 'Was mache ich denn da mit meinen Händen, das sieht ja furchtbar aus' - die Reaktionen auf die Konfrontation mit dem Video-Ich sind vielfältig…
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