Über Qualitätskriterien für Coachingausbildungen wird viel diskutiert - vor allem die Verbände haben sich diesem heißen Eisen verschrieben. Wissenschaftlich abgesicherte Qualitätskriterien oder gar -urteile gibt es dagegen bisher keine. Zwei Kenner der Szene - Professor Dr. Harald Geißler, Gründer und Leiter der Forschungsstelle Coaching-Gutachten in Hamburg, sowie der Goldenstedter Coaching-Experte Christopher Rauen - haben sich nun das Ziel gesetzt, dies zu ändern. Allerdings haben beide unterschiedliche Ausgangspunkte und bedienen sich verschiedener Methoden. Rauen, der sich das Thema für seine Dissertation auserkoren hat, entwickelt und testet ein statistisch abgesichertes Verfahren, das Qualitätsaussagen über Coaching-Weiterbildungen ermöglichen soll.
Auf Basis von Literaturstudien und Expertenbefragungen hat er ein einheitliches Qualitätsmodell mit verschiedenen Dimensionen erarbeitet, das als Messlatte an jede Ausbildung angelegt werden kann und die Ausbildungen somit vergleichbar macht. 'Für Weiterbildungssuchende wäre so unter anderem erkennbar, welche individuellen Stärken eine Ausbildung hat', so Rauen. Mit standardisierten Befragungen von Ausbildungsanbietern und -teilnehmern erprobt Rauen zurzeit die Praktikabilität und Aussagekraft des Modells. Die Ergebnisse sollen im Herbst 2006 vorliegen.
Geißler indes ist nicht davon überzeugt, dass die Qualität von Coaching-Ausbildungen mit einem einheitlichen Maßstab gemessen werden kann. 'Vielmehr gibt es unterschiedliche Leistungsversprechen, für die jeweils eigene Qualitätsmaßstäbe entwickelt werden müssen', zeigt sich der Forschungsstellen-Chef überzeugt. In einem ersten Schritt hat Geißler die Internetrepräsentanzen von 52 Coaching-Ausbildern, die Ausbildungen im Umfang von 150 bis 200 Stunden anbieten, ausgewertet. Ziel war es, herauszufinden, welche unterschiedlichen Schwerpunkte die Anbieter setzen - aus Geißlers Sicht ein Spiegel der Bedarfsstruktur auf Seiten der Kunden.
In einem weiteren Schritt will der Wissenschaftler nun der Qualität der Ausbildungen auf den Grund gehen, indem er die Ausbildungsanbieter zu einer Selbstdarstellung auffordert: Sie sollen ihre Offerte in einem teilweise offenen, teilweise standardisierten Fragebogen beschreiben, der sich weitgehend an den in der Internetanalyse ermittelten Kategorien orientiert. Will heißen: Die Anbieter sollen die prozentualen Anteile angeben, die einzelne Inhalte, Methoden, Vermittlungsformen usw. in ihrer Ausbildung einnehmen. Jede dieser Selbstdarstellungen will Geißler sodann mit Hilfe nichtstandardisierter Interviews mit ehemaligen Ausbildungsteilnehmern gegenchecken. Mit seinem Forschungsvorhaben verfolgt er übrigens auch ein kommerzielles Ziel: Geißler möchte nicht nur die Ergebnisse der Qualitätschecks nach Absprache mit den Anbietern auf seiner Homepage www.coaching-gutachten.de veröffentlichen, sondern plant zudem, sie zur Grundlage eines Beratungsdienstes für Ausbildungsinteressenten zu machen.