HR neu denken – das war das Forschungsziel des Labors der Deutschen Gesellschaft für Personalführung (DGFP) Ende November in Berlin. Die Ergebnisse, die die teilnehmenden HR-Manager, Recruiting-Profis und Berater zusammengetragen haben, lassen sich auf fünf Thesen zur Zukunft der HR verdichten.These 1: HR wird zum Community ÂEngager. Unternehmen müssen sich nach außen öffnen und die Impulse der Community systematisch einbeziehen: ihre Ideen, Wünsche, Kreativität. Im Team mit dem Marketing ist es Aufgabe der HR, den Austausch mit der Community zu organisieren. Indem sie den Kunden Lust darauf macht, mitzuwirken (Mobilisierung). Indem sie Kontaktpunkte für die Kommunikation gestaltet, zum Beispiel durch Events, neue Online-Plattformen oder Botschafter auf Kundenmarktplätzen (Kommunikation). Indem sie die Architektur der Partizipation mit entwickelt, modular, flexibel, so vielfältig und ansprechend nutzbar wie möglich (Kollaboration). Indem sie die Kompetenz der Community auch für die Qualitätskontrolle nutzt, etwa durch die Entwicklung einer durchdachten Infrastruktur mit Ratings und Rankings, mit deren Hilfe die Crowd Ideen bewerten kann (Kontrolle).
Wie wichtig dieser Punkt auf der HR-Agenda ist, zeigt das Beispiel von Lego. Als der Spielzeughersteller 2004 kurz vor der Pleite stand, begannen sie dort umzudenken. Jahrelang hatten die Lego-Macher all die Lego-Fans da draußen verklagt, die völlig andere Sachen mit den Plastiksteinen und dem Mindstorm-Roboter anstellten, als Lego es geplant hatte. Die User programmierten Mindstorm um, veranstalteten Blindbau-Wettbewerbe oder bastelten Weltraumlandschaften. Dann jedoch begann Lego die Fantasie der Community zu nutzen. Es erkannte ihre Kreativität als Schatz, der der Firma erst ihren Wert gibt und über den sich neue Zielgruppen erschließen lassen – Erwachsene, Baufreaks, Techis. Heute setzt Lego viele Ideen seiner Gemeinde um. Lego Architecture etwa erfand ein User – und erschloss Lego damit einen neuen Markt: Galerien und Museen.
These 2: HR bringt Agilität in die Teams.In einer Arbeitswelt, die volatil, unsicher, komplex und ambivalent (VUKA-Welt) ist, braucht es Alternativen zum alten Planungskonzept 'Problem – Analyse – Lösung'. Durch die Etablierung neuer Methoden müssen HR-Manager für diese Alternativen sorgen. Vor allem Schritt-für-Schritt-Methoden wie Scrum und Design Thinking gilt es einzuführen. Bei Letzterer werden in einem systematischen Brainstorming-Prozess kreative Ideen entwickelt. Erst geht es darum, Zielgruppe und Problem genau zu verstehen, dann einen Standpunkt zu finden, Ideen zu generieren, daraus Prototypen zu bauen und diese schließlich zu erproben. Dabei wird deutlich: Jede Zielgruppe ist äußerst divers, hat oft sich widersprechende Bedürfnisse, braucht unterschiedliche, flexible Lösungen, die immer wieder überdacht, verworfen, neu gedacht werden müssen.
Wie die HR solche Methoden mit eigenen Projekten ins Unternehmen tragen kann, zeigt das Beispiel Phoenix Contact, einer Firma für Elektronikkomponenten und Automation im nordrhein-westfälischen Blomberg mit mehr als 14.000 Mitarbeitern. Im Januar 2016 stellte Personalmanagerin Christine Lang ein Projektteam zum Thema 'Stellenbild 2.0' zusammen, das nach der Methode Scrum vorgehen sollte. Das Ziel: Wege für standardisierte und doch passgenaue Ausschreibungen suchen, die alle Abteilungen im schnell wachsenden Unternehmen nutzen können. Die Prinzipien: ergebnisoffen sein; nicht zu viel planen, sondern tun; jeder im Team fühlt sich verantwortlich und ist aktiv. Jeden Morgen trafen sich die Mitglieder für einen Kurzaustausch zum Daily Scrum, alle vier Wochen wurde Bilanz gezogen: Was haben wir gelernt? Im September lagen die Ergebnisse auf dem Tisch. Sie überzeugten so sehr, das jetzt auch andere Teams die Methode aufgreifen.
These 3: HR zeigt Eier.Tun ist das Gebot der Zukunft. Je komplexer die Ökonomie, desto unübersichtlicher die Aufgaben. Was bleibt ist erstens: anfangen – mutig und konsequent. Ist zweitens: sich Gehör verschaffen. HR muss dabei ihre Rolle neu justieren. Sie muss mehr sein als interner Dienstleister am Firmenrand. HR kann nur dann Motor und Mitgestalter einer neuen Kultur werden, wenn sie gesehen wird. Von Vertrieblern kann sie lernen, sich selbstbewusst nach vorn zu schieben und mit Entschlossenheit zu verkaufen.
These 4: HR nutzt digitale Technik.Big Data, Analysesoftware und RobotÂrecruiting – HR hat keine Angst vor Algorithmen. Sie sind nützliche Werkzeuge im HR-Alltag. In welchen Abteilungen drohen Mitarbeiter abzuwandern und warum? Wo ist die Performance besonders gut und womit könnte das zusammenhängen? Analysesoftware kann hilfreiche Hinweise geben und überraschende Zusammenhänge aufdecken. Natürlich braucht das neue Kompetenzen, damit der HR-Profi souverän und kritisch mit den Algorithmen arbeiten und ihr Potenzial nutzen kann. Ãœberflüssig machen sie ihn aber nicht. Weil es ohne kluge Interpretation und die richtigen Fragen nicht geht; weil Menschen Menschen brauchen. Gerade im Personalwesen.
These 5: HR sorgt für menschliches Miteinander.Die Ergebnisse der Positiven Psychologie zeigen: Vor allem Anerkennung durch andere und Wertschätzung für die Arbeit machen Menschen im Job glücklich. Und nach einer Untersuchung von Google gibt es nur einen signifikanten Unterschied zwischen guten und sehr guten Teams – in letzteren sind die Mitglieder netter zueinander und fühlen sich sicher. Daher gehört es zu den wichtigsten Aufgaben zukunftsorientierter HR, ein wertschätzendes Miteinander im Unternehmensalltag zu fördern – vom Gespräch in der Teeküche bis zur Jahresansprache vor den Mitarbeitern.
Eindrücke und Impulse von den drei bisherigen DGFP-Labs und Infos zum Labor 2017: Â
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