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Personalentwicklung bei Otto: Führungskräfte als Filmemacher

Vor zwei Jahren führte der Otto-Konzern ein neues Trainingskonzept für seine Nachwuchsführungskräfte ein: Indem die High-Potentials ein künstlerisches Werk schaffen und es in der Öffentlichkeit promoten, lernen sie, was es heißt, ein Leader zu sein. Ihr jüngstes Projekt war ein Dokumentarfilm, den sie in Cannes präsentierten.

Der 22. Mai 2002, abends am Strand der Côte d‘Azur: Das Rahmenprogramm der Filmfestspiele von Cannes ist in vollem Gang. Nebenan tobt eine James Bond-Party, doch die rund 70 Journalisten, die auf Einladung einer Gruppe von Laien-Filmern an der Croisette zusammengekommen sind, um einen Dokumentarfilm über das Alltagsleben in Berlin zu sehen, stört das nicht: Sie zeigen sich beeindruckt von dem Werk, das 50 Minuten lang die Leinwand füllt.

Der Film ist Resultat eines ungewöhnlichen Weges erlebnisorientierter Personalentwicklung, den der Otto-Konzern, Hamburg, schon zum zweiten Mal beschritten hat - und für den er am 10. November 2002 in Karlsruhe zum zweiten Mal in Folge ausgezeichnet wurde: Nachdem das Konzept 2001 bereits einen Meeting-Business-Award der Kategorie 'Mitarbeiter-Veranstaltungen' erhalten hatte, wurde es in diesem Jahr mit einem eigens zu diesem Zweck erschaffenen Sonderpreis - dem Meeting-Business-Honorary Award - geehrt. Damit sollte die originelle Umsetzung und Tragfähigkeit der im Kern gleich gebliebenen PE-Idee gewürdigt werden.

Im Kunstprojekt Führungsqualitäten entwickeln

Im Grundsatz lautet das Konzept, das die Personalentwickler von Otto in Zusammenarbeit mit dem Unternehmensberater Dr. Bernd Wildenmann aus Karlsbad konzipiert haben: Angehende Top-Führungskräfte stellen sich außerhalb ihres Arbeitslebens einer Aufgabe, die zunächst unlösbar erscheint. Gemeinsam kreiieren sie ein Kunstwerk und verschaffen ihm Publicity. Dabei lernen die Manager u.a. Komplexität zu bewältigen, auf andere Menschen zuzugehen, sie zu überzeugen und zu inspirieren - lauter Dinge also, die ein Top-Leader können muss.

Im Jahr 2000 erhielten 16 internationale Jungmanager des Otto-Konzerns erstmals den Auftrag, ein ausstellungswürdiges Kunstwerk zu schaffen. Sie machten sich auf den Weg zur Expo in Hannover, überredeten dort Besucher, sich eines Kleidungsstücks zu entledigen, nähten ihre 'Beute' auf ein Juteband auf, adelten das Ganze, indem sie Prominente ebenfalls zu einer Kleiderspende bewegten und rührten anschließend kräftig die Werbetrommel für ihr Projekt. Im März 2001 wurden ihre Anstrengungen belohnt: Die Kleiderschlange - Symbol abgestreifter Konsumorientierung - durfte im New Yorker Guggenheim-Museum präsentiert werden (vgl. managerSeminare, Ausg. 50, Sept. 2001).

Angesichts dieses Erfolgs wiederholte Otto die erlebnisorientierte PE-Aktion schon bald. Im November 2001 erhielten erneut 16 Manager einen künstlerischen Auftrag: Sie sollten innerhalb von drei Tagen einen Dokumentarfilm in Berlin drehen. Zur Seite standen ihnen dabei nicht nur Personaler und Trainer, mit denen die ihre Projekterfahrungen regelmäßig reflektierten, sondern auch zwei Künstler, die cineastisches Know-how einbrachten. In drei Teams begaben sich die Teilnehmer schließlich an sieben Berliner Locations auf die Jagd nach Bildern. Ein Drehbuch hatten sie nicht, wohl aber ein Motto: Thema des Films sollte 'Leadership' sein.

Für den Weg nach Cannes brauchte es Mut

Mit Szenen aus einer Maskenbilderschule brachten die Otto-Manager z.B. das Führungsthema Aufwertung auf die Leinwand. Aufnahmen aus einem Kindergarten zeigen, was Begeisterung ist. Im Bundestag filmte ein Team professionelle Networker und in der Drogenszene spürten die Laien-Filmer dem Thema Vertrauen nach. 'Überall galt es, Menschen in das Projekt einzubinden, Widerstände und auch eigene Hemmschwellen zu überwinden', so Jürgen Bock, Leiter der Personalentwicklung bei Otto und der Otto-International Academy.

Nachdem aus 20-Stunden Bildmaterial schließlich ein 50-minütiger Film entstanden war, stand die Gruppe vor der Herausforderung, ihr Werk 'Gold Cuts' bei den 55. Filmfestspielen in Cannes unterzubringen. Diese Mission schien zunächst zum Scheitern verurteilt: Da das Festival ein Forum für Spiel-, nicht für Dokumentarfilme ist, wollte man den Film dort nicht zeigen. Doch die Manager ließen sich nicht entmutigen: Sie reisten nach Cannes, warben vor dem Filmpalast lautstark für ihr Werk und präsentierten es im Rahmen einer Presseveranstaltung - was eigentlich verboten ist, da parallel zum Festival kein nicht-nominierter Film gezeigt werden darf. Das Vergehen blieb allerdings ohne Folgen, das Risiko hatte sich gelohnt - auch dies eine wichtige Erfahrung für die angehenden Leader.
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