Es klingt nicht schön. Die wenigsten Jugendlichen, die hier im Halbkreis sitzend auf Trommeln und Tamburine schlagen, hatten vorher schon einmal ein Instrument in der Hand. Entsprechend schräg hört sich an, was einmal ein Lied werden soll. Erst allmählich finden die Musikanten zusammen: Die einfachen, eingängigen Rhythmen, die sie sich zuvor in Kleingruppen ausgedacht haben, schälen sich aus dem Durcheinander. Ein bisschen Samba, Karneval, we will rock you. Dann, an der vereinbarten Stelle, steht die blasse Auszubildende mit den schmalen Schultern auf und singt, singt so ehrlich, so gefühlvoll mit ihrer dünnen, hellen Stimme, dass es eine Gänsehaut macht. 'Ich wollte Dir nur sagen, dass Du das Größte für mich bist ...'
Es ist ein Moment, in dem zu spüren ist, dass etwas Außergewöhnliches passiert. Bestimmt hat die junge Sängerin, deren Augen dem Blick anderer schnell ausweichen, sich noch nie so weit aus der Deckung gewagt. Mit einem Lied, das ihr offensichtlich etwas bedeutet. Vor Publikum. Sie hätte sich auch eine Rassel schnappen können oder eins von den vielen exotischen Schlaginstrumenten, doch nun schwebt ihr ganz persönliches Instrument, ihre Stimme, im Raum und variiert die musikalische Liebeserklärung und gibt ihr eine ganz eigene Bedeutung.
Eigentlich geht es nicht um Gesang oder Rasseln, hier beim 'Kultur-Start', zu dem im Spätsommer dieses Jahres 250 Azubis der Handelskette Globus ins oberpfälzische Immenreuth gekommen sind. Auch nicht darum, den Ton zu treffen oder an der richtigen Stelle auf die Trommel zu schlagen. Genau genommen geht es nicht einmal um das Lied, ihr ungefüges Gemeinschaftswerk. Worum es geht, ist Mut. Mut in der Kunst, durch Kunst.
Extras:- Literaturtipps: Hinweis auf einen Fachartikel über das Kreativprogramm der Otto Group sowie Kurzrezensionen von zwei Büchern zum Thema Kunst und Unternehmen