Als Maler können Sie depressiv sein, als Schriftsteller Alkoholiker, als Rockstar rauschgiftsüchtig, als Komponist dürfen Sie stottern – nur als Redner dürfen Sie das alles nicht. Als Redner stellen Sie sich nackt der Betrachtung, öffnen alle Sichtfenster auf Ihr Vermögen, legen Ihren Charakter zur Prüfung offen. Die freie Rede vor einer größeren Gruppe ist daher eine der größten Herausforderungen, die die Businesswelt zu bieten hat.
Mit dieser Herausforderung ist aber auch ein Geschenk verbunden: Wenn Sie die Kunst der freien Rede erlernen, entwickeln Sie Ihre Persönlichkeit. Am Ende werden Sie strahlen und mit Ihrer Persönlichkeit Menschen gewinnen, beeindrucken und sie von Ihren Ideen überzeugen können. Vielleicht werden Sie sogar in der Lage sein, die perfekte Rede zu halten.
Der Begriff 'perfekt' provoziert natürlich, soll er auch. Die 'perfekte Rede' gibt es nicht, erklärte mir kürzlich ein Rhetoriktrainer. Als ich ihn fragte, woher er das wisse, sagte er: 'Ganz einfach – es ist mir bis heute nicht gelungen, eine perfekte Rede zu halten.' Welch seltsam egozentrisches Weltbild.
Drehen wir den Spieß doch einmal um: Wann ist eine Rede nicht perfekt? Eine Rede ist dann nicht perfekt, wenn sie ohne Versprecher vorgetragen wird – womöglich sogar noch auswendig gelernt ist. Sie ist dann nicht perfekt, wenn Fremd- und Fachwörter das Verstehen erschweren. Sie ist dann alles andere als perfekt, wenn die Zuhörer am Ende keine Ahnung haben, was sie denn nun unternehmen sollen. Und sie ist regelrecht sinnlos, wenn der Redner selber nicht glaubt, dass es sich um eine wichtige Rede handelt.
Eine Rede kann dagegen als perfekt gelten, wenn sie die Zuhörer bewegt – und zwar punktgenau dahin, wo der Vortragende sie hinbringen wollte.
Extras:- Frei, mitreißend, ehrlich: Die Merkmale der perfekten Rede
- 15 Schritte: Der Weg zur perfekten Rede
- Literaturtipps: Kurzrezensionen von drei Büchern über Reden und Rhetorik sowie Hinweis auf zwei Fachartikel