Der Begriff des 'Vernetzten Denkens' wurde in den 70er Jahren von Frederic Vester geprägt. Vester, der zwanzig Jahre als Biochemiker in der experimentellen Forschung tätig war, begann Organisationsformen der Natur auf gesellschaftliche Organisationsformen zu übertragen. Vester betrachtete Organisationen als Systeme, die durch Netzwerkzusammenhänge beschrieben werden können. Zur Beschreibung der Systeme stellte er dabei grundsätzliche Fragen: Wie wirken die Dinge aufeinander? Welche Formen von Beziehungen gibt es? Wie wirken die Dinge auf sich selbst zurück? Welche Formen der Rückkoppelung gibt es?
Vester zeigte auf, daß Strukturen und Organisationsformen in der Natur Resultate von Gestaltkräften sind und nicht eine Programmierung von genauen Maßen. Die Natur nutzt dabei die vorhandenen Kräfte, um sich zu organisieren, und verfügt über erstaunliche Selbstorganisationsmechanismen. Dabei ist es wichtig, die Zeitverzögerung in den vernetzten Systemen zu beachten. Oft treten die Wirkungen in vernetzten Systemen erst langfristig und an unerwarteten Orten auf.
Eine Bestätigung für seine Arbeit bekam Vester damals vom Institut für Wüstenforschung an der Universität Besheba, Israel. Das Institut untersuchte das Ökosystem 'Wüste'. Vorteil dieses Ökosystems ist, daß es sich durch einen geringen Grad an Komplexität auszeichnet und somit Modellcharakter hatte. Es konnte gezeigt werden, daß man bereits mit wenigen Parametern das Steuerungsgefüge des Ökosystems Wüste richtig erfaßte - sogar dann noch, wenn bei den Messungen der Parameter Fehler von bis zu 40 Prozent auftraten. Vester schloß daraus: Schon mit wenigen Schlüsselparametern lassen sich Organisationen in ihrer Dynamik beschreiben, sofern man die wichtigsten Wirkungszusammenhänge kennt.
Welche Wirkungszusammenhänge fördern nunmehr die Selbstorganisation sozialer Systeme zu einem funktionierenden Netzwerk? Und welche Kräfte lassen diese Selbstorganisation scheitern? An dieser Stelle sollen zwei Netzwerkorganisationen vorgestellt werden…