Führung kann man als Machtausübung verstehen. Diese Definition von Führung ist allerdings nicht so populär. Die deutsche Vergangenheit klingt in ihren schrecklichsten Zeiten an: Machtergreifung, Machtübernahme etc. sind Lieblingsbegriffe der Nationalsozialisten gewesen, und die Nationalsozialisten waren es auch, die den Begriff bis auf Weiteres in Deutschland negativ aufluden.
Dann klingt geheimnisvoll und dunkel auch etwas Spirituelles in diesem Begriff mit: Haben wir nicht den Begriff im religiösen Kontext zuerst gehört: der allmächtige Gott und der ohnmächtige Mensch? Die Hilflosigkeiten der Menschen gegenüber den mächtigen Naturgewalten? Macht klingt irgendwie historisch und politisch und zunächst nicht nach Management.
Und doch haben Macht und Management viel miteinander zu tun. Das erschließt sich, wenn man die verschiedenen Definitionen betrachtet, die große Denker und Philosophen für den Begriff der Macht gefunden haben. Der walisische Wissenschaftler Bertrand Russell (1872-1970) schrieb z.B.: „Macht ist die Fähigkeit, bestimmte Absichten zu verwirklichen.“ Noch genauer fasste es der Nationalökonom Max Weber (1864-1920): „Macht ist die Möglichkeit, den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen.“
Diese Definition von Weber gilt als bekannteste aller Machtbestimmungen und ist identisch mit der Sichtweise des deutschen Soziologen Niklas Luhmann (1927-1998): „Macht ist die Möglichkeit, Wirkungen auch gegen ungünstige Umstände zu bewirken.“
Der kurze Streifzug zeigt: Macht ist Durchsetzungsmöglichkeit, also in erster Linie ein Zustand, keine Aktivität. Macht hat man, aber man übt sie nicht ständig aus.
Extras:
- Von Herrschaft über Einfluss bis Kompetenz: Formen und Quellen der Macht.
- Selbsttest für Mächtige: Haben Sie ein gesundes Selbstbild oder neigen Sie bereits zu narzisstischer Selbstverliebtheit?
- Service: Kurzrezensionen von fünf Büchern zum Thema Macht.