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Modern Work Tour
Modern Work Tour

Ideen gegen die Einsamkeit an der East Coast

Was können wir von New-Work-Vorreitern weltweit lernen? Vor fünf Jahren ist das Unternehmerpaar Anna und Nils Schnell mit dieser Frage zu einer Modern Work Tour um den Globus aufgebrochen. Seit Oktober 2022 berichten die beiden in managerSeminare über ihre aktuelle Etappe durch den amerikanischen Kontinent. Diesmal kommt ihr Report von der Ostküste der USA – wo der Kampf gegen Vereinzelung und Vereinsamung für viele ein wichtiges Thema ist.

Nachdem wir über neun Monate in Lateinamerika die Zukunft der Arbeit erkundet haben, geht es jetzt in die USA. Unsere erste Stadt ist Miami, auch „Magic City“ genannt. Kaum eine Stadt ist so schillernd, trägt so viel Prunk zur Schau, lockt so viele Menschen und auch Unternehmen an. Nicht nur bei Entrepreneuren aus den lateinamerikanischen Ländern steht Miami hoch im Kurs, auch viele Firmen aus dem Silicon Valley wandern hierher ab. So entsteht nach Aussagen vieler in Miami gerade das neue Silicon Valley – bei tropischen Temperaturen und mit interkulturellem Flair. Und nicht nur deshalb lässt sich sagen: Zwischen dem vielen Luxus hier findet man auch zahlreiche schöne Beispiele neuen Arbeitens. Unternehmen etwa, die die besonderen Herausforderungen unserer Zeit erkennen und sich kreative Lösungen überlegt haben, damit umzugehen.

Bei Milo sollen Mitarbeitende wieder Gemeinschaft spüren

In den vergangenen Jahren haben viele Menschen unfreiwillig erlebt, was es bedeutet, nicht mit anderen in Gemeinschaft sein zu können. Und auch nach der Pandemie mit ihren Lockdowns wird Einsamkeit in den USA als größter Risikofaktor für die psychische Gesundheit der Menschen gesehen. Auch die Unternehmen wissen, dass mobile oder hybride Arbeit – bei allen Vorteilen – Vereinzelungs- oder gar Einsamkeitsgefühle fördern und den Gemeinschaftssinn in einem Team gefährden kann. Betriebe wie die IT-Firma Milo steuern deswegen bewusst gegen und legen in Zeiten hybrider Arbeit ihren Fokus auf die Förderung von Gemeinschaft.

Anna Schnell (l.) im Gespräch mit Alexia Zuloaga, die beim Unternehmen Milo in Miami die Rolle „People and Culture“ innehat und sich auf kreative Art darum bemüht, der Vereinzelung von Mitarbeitenden in hybriden Zeiten entgegenzuwirken. MOWOMIND

Wir treffen Alexia Zuloaga, die bei Milo die Rolle „People and Culture“ innehat. Das heißt: Sie ist verantwortlich für die Stärkung des Gemeinschaftsgefühls im Unternehmen. In Alexias hellem, modernem und lichtdurchflutetem Büro im hippen Stadtteil Wynwood steht mitten in der Kaffee-Ecke ein altes, leicht angeschlagenes Flipchart, auf dem jeden Tag ein neuer Spruch vermerkt ist. „Das sind unsere ‘Quotes of the day’!“ sagt Alexia, die die Sprüche stets passend zur Weltlage und Unternehmensstimmung aussucht. Inzwischen sind die Quotes ein echter Renner, denn sie dienen als Grundlage für intensive Gespräche. Die Mitarbeitenden fragen sich in der Regel gegenseitig, was das Zitat bei ihnen auslöst und warum es das auslöst – und schon sind sie mitten in einem Gespräch und sich dabei ein Stückchen nähergekommen, berichtet Alexia.

Jeden zweiten Monat wird bei Milo außerdem eine große, unternehmensweite „Challenge“ veranstaltet. Also eine Herausforderung, die den ganzen Monat läuft, bei der es Gewinne gibt und die alle Mitarbeitenden des Unternehmens in Action bringt. „Am besten hat mir bisher die Schritte-Challenge gefallen“, sagt Alexia. „Mit einer App haben wir geschaut, wer die meisten Schritte in einem Monat schafft. Und das Unternehmen hat wohl den sportlichsten Monat in seiner Geschichte erlebt.“ Nebenbei wurde der Gemeinschaftsgeist gefördert, denn es bildeten sich Teams, die gemeinsam besprachen, wie es gelingen kann, möglichst viel Zeit für Schritte zu nutzen – und schon entstanden Aktionen, die die Menschen in den Teams einander näherbrachten.

Die Modern Work Tour ... 

... ist eine moderne Walz, auf der das Unternehmerpaar Anna und Nils Schnell (Beratungsfirma MOWOMIND) innovative Unternehmen weltweit besucht. Das „Abenteuer Arbeit“ führte sie bisher durch mehr als 50 Länder, und sie führten Gespräche mit über 220 Vordenkern und Vordenkerinnen, aus denen sie neun Modern-Work-Prinzipien abgeleitet haben. Zu den bisherigen Reisen ist bei managerSeminare der Artikel „Agile Weltreise – New Work global“ (managerseminare.de/MS265AR03) erschienen und im Gabal Verlag das Buch „Die Modern Work Tour – Eine Weltreise in die Zukunft unserer Arbeit“. Über ihre aktuellen Erlebnisse informieren Anna und Nils Schnell regelmäßig auf ihrem Youtube-Kanal „The Schnells“. 

Für manche mag Derartiges oberflächlich wirken. Doch wir haben nach dem Gespräch mit Alexia den Eindruck, dass sich durch solche Aktionen tatsächlich ein Gemeinschaftssinn entwickelt hat, der zur Unternehmenskultur von Milo passt und allen hilft, miteinander stark zu werden. „Natürlich ist nicht jede Challenge etwas für jede Person, das muss sie auch nicht“, lässt uns Alexia begeistert wissen. Aber über die Monate sei immer für jeden etwas dabei – „um zu wachsen, sich zu vernetzen und mit und von anderen zu lernen“.

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Tyler Rice will Menschen aus der digitalen Vereinsamung helfen

Als Nächstes geht es für uns in die wohl berühmteste Metropole der Welt – New York! Wir haben hier viele inspirierende Treffen – zum Beispiel das mit Tyler Rice, dem Gründer des „Digital Wellness Institute“. Wenn es etwas gibt, das Einsamkeit heute befördern kann, dann ist das die exzessive Nutzung digitaler Medien. Tyler Rice will mit seinem Unternehmen gegen den Überkonsum und die digitale Einsamkeit angehen. Er ist überzeugt: „Die Digitale Wellness muss in den Fokus rücken, damit es uns ganzheitlich gut gehen kann.”

Laut dem Digital Trend Report sind im Jahr 2023 Menschen durchschnittlich 2,5 Stunden täglich auf Social Media. Auf unsere Frage, was denn der wichtigste Schritt zu einem eigenverantwortlichen Umgang mit Instagram, Facebook , Tiktok und Co. ist, hat Tyler eine pragmatische Antwort auf Lager: „Man nutzt am besten die Aufräum-Methode der berühmten Japanerin Marie Kondo: Bei jeder App sollte man sich fragen, ob diese einem Freude bringt oder sie nur die eigene Zeit frisst und einen sogar unglücklich macht.“ Vor allem gehe es, führt Tyler weiter aus, darum, in einen bewussteren Umgang mit den Social Media zu finden und Gedankenlosigkeit beim Umgang mit digitalen Medien zu vermeiden.

Wir fragen Tyler, inwiefern Unternehmen dazu beitragen können – und seine Augen leuchten auf. „Nein“, ruft er, „es geht vielmehr darum, was Unternehmen tun müssen!“ Tyler nennt uns Punkte, die seiner Erfahrung nach deutlich kommuniziert und von oben vorgelebt werden müssen, etwa klare Regeln in Bezug auf Urlaubszeiten und Abendstunden, die es Mitarbeitenden möglich machen, mit gutem Gewissen in die Ferien zu reisen oder in arbeitsfreien Zeiten abzuschalten. Denn, so Tyler: „Wie sollen wir ein digitales Selbstbewusstsein entwickeln, wenn unser Arbeitgeber immer wieder indirekt Druck ausübt, jederzeit digital verfügbar zu sein?“ Demnach haben Unternehmen eine Mitverantwortung, es liegt aber auch an uns, wie wir unser Arbeitsleben gestalten. In vielen Fällen vergessen wir das jedoch. Dies passt auf skurrile Art zu New York, der Stadt, die niemals schläft.

In New York haben sich Anna und Nils Schnell (l.) mit Phyllis Weiss Haserot (r.) getroffen, die findet: Unternehmen schöpfen die Potenziale generationsübergreifender Zusammenarbeit noch zu wenig aus. MOWOMIND

Die Synergien von verschiedenen Generationen nutzen

In New York treffen wir uns auch mit Phyllis Weiss Haserot. Lilafarbener Strohhut, elegante Kleidung in Beerentönen, auffälliger Goldschmuck: Phyllis wirkt wie eine aus der Zeit gefallene Grand Dame der New Yorker Gesellschaft. Aber sie hat ein zeitgemäßes Anliegen, hat sie sich doch auf die Begleitung von Unternehmen spezialisiert, die generationsübergreifende Arbeit fördern möchten. „In jeder Hinsicht besteht bei der generationsübergreifenden Arbeit viel Potenzial, das wir bislang noch nicht freisetzen“, ist Phyllis überzeugt. Ihr Nummer-eins-Tipp für Unternehmen und alle, die in Kontexten arbeiten, in denen Menschen verschiedenen Alters zusammenkommen, lautet: „Wirf deine Vorannahmen über Bord und frage lieber nach!“ Nur so kann man schließlich andere Sichtweisen verstehen.

Was Phyllis dagegen ablehnt, ist, den Fokus auf die vermeintlichen Probleme zu legen, die entstehen, wenn unterschiedliche Generationen zusammentreffen. Ihr geht es vielmehr darum, den Blick darauf zu richten, wie Mehrgenerationenarbeit zu mehr Rentabilität von Unternehmen führen kann. Phyllis selbst sieht sich als lebendigen Beweis dafür, dass man auch mit 70 Jahren noch eine gefragte Perspektive einbringen kann. „Und wenn das der Fall ist, dann denkt doch mal an eure 50- oder 60-Jährigen!“, appelliert sie. Wir finden: Genau so sollte es sein. Überhaupt sollten sich alle in Unternehmen öfter mal die Frage stellen: „Welche Perspektiven sind am unterschiedlichsten zu meiner eigenen? Und wie können diese bestmöglich eingebunden werden, um Vielfalt besser zu leben?“ Es sollte darum gehen, Synergien zu entfalten, statt Menschen aufs einsame Abstellgleis zu schieben, wie es gerade Ältere häufig erleben müssen.

Nach elf Tagen reisen wir recht erschöpft, aber voller Begeisterung aus New York ab und wenden uns unserem nächsten Ziel zu: Kanada. Von dort wird auch unserer nächster Bericht kommen.

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