Der Homo oeconomicus lebt. Das erklärt zumindest Frank Schirrmacher. In seinem aktuellen Buch 'Ego' beschreibt der FAZ-Mitherausgeber, wie der Mensch als egoistisches und selbstsüchtig agierendes Wesen die Wirtschaftswelt und die Gesellschaft bestimmt. Besonders in der Finanzwelt treibe der Homo oeconomicus sein Unwesen – knallhart und ausschließlich auf seinen persönlichen Vorteil bedacht. Das Buch von Schirrmacher hat in Talkshows bereits für Streitgespräche gesorgt. Es fordert zur Frage heraus: Ist es tatsächlich so schlimm bestellt? Sind Manager wirklich eiskalt kalkulierend auf persönliche Vorteile aus? Und Mitarbeiter ähnlich? Was bedeutet die wahre Ausrichtung sowohl der Manager als auch der Mitarbeiter für die Unternehmens- und Mitarbeiterführung? Und wer ist der Homo oeconomicus überhaupt?
Mit dem Homo oeconomicus beschrieben Wirtschaftswissenschaftler einst das Modell vom Menschen als Nutzenoptimierer. Ihre Vorstellung: Als ökonomisch denkende Person wägen Manager, Mitarbeiter, Zulieferer und Kunden stets rational ab und wählen nüchtern kalkulierend diejenige Option, die für sie den größten Gewinn bedeutet. Auf Grundlage dieser Annahme sollen sich wirtschaftliche Zusammenhänge erklären und das Verhalten der Marktteilnehmer berechnen lassen. In der Praxis habe sich dieses Modell jetzt verselbstständigt und zeige sich sogar noch kälter als in der Theorie, meint Frank Schirrmacher. Er beklagt: 'Ein Weltbild, das hinter allem menschlichen Tun die unausweichliche Logik des Eigennutzes am Werk sieht, produziert Egoismus wie am Fließband.'
Angehörige der Wirtschaftswissenschaften halten indes dagegen. Was sich in der Finanzwelt offenbart habe, sei nicht die generelle Regel im Management. Mehr noch: Die ersten Ökonomen distanzieren sich ausdrücklich von dem Modell, das ihre Zunft einst allem wirtschaftlichen Tun zugrunde gelegt hat.
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