Individuelle Leistungs- und Potentialeinschätzungen im Dienste des Qualitätscontrollings und der Qualitätsentwicklung in Unternehmen, aber auch öffentlichen Institutionen haben Hochkonjunktur. Während Experten- und Vorgesetztenurteile nach wie vor die größte Rolle spielen, liegt es derzeit im Trend, den Beurteilerwinkel zunehmend auszuweiten, Beurteilerperspektiven zu ergänzen und auch übliche Beurteilungsrichtungen umzudrehen: Patienten beurteilen ihre Ärzte, Studenten ihre Professoren, Schüler ihre Lehrer, Bürger ihre Behörden und nicht zuletzt auch Mitarbeiter ihre Chefs.
Um klar zu sehen, genügt oft ein Wechsel der Blickrichtung, so lautet ein Credo der 360°-Methode als wieder entdecktes Instrument der Personalbeurteilung und Personalentwicklung in den Unternehmen. Es stellt sich mitunter aber die Frage, ob nicht die Praxis des 360°-Ansatzes selbst eines Perspektivenwechsels, nämlich einer klareren Perspektivenbestimmung und eindeutigeren Ausrichtung bedarf.
Im Fokus der 360°-Methode in den Unternehmen stehen insbesondere die Führungskräfte des mittleren und höheren Managements: Vorgesetzte, Mitarbeiter, Kollegen und Kunden. Kurz: möglichst das gesamte relevante personale Umfeld der Führungskräfte soll deren Führungs- und Leistungsqualitäten aus ihrer Perspektive einschätzen. Und, um den Kreis zu schließen, darf auch die Selbstbeurteilung der Führungskräfte nicht fehlen.
Grundidee des Verfahrens ist es, durch die Ausdifferenzierung von Beurteiler-Perspektiven mögliche unvollständige oder einseitige Einschätzungen zu vermeiden und das differenzierte Aufgaben- und Beziehungs-Netzwerk der Führungskräfte unmittelbarer aufzugreifen.