Um die BWL ist es nicht gut bestellt – in den Business Schools, den Hochburgen des Fachs, gärt es. Dipak Jain hat diese Lagebeschreibung parat: 'Business Schools sind wie die US-Airlines', frotzelt der Marketingprofessor, 'beide sind ausgebucht, aber beide verlieren: Fluggesellschaften Geld, Kaderschmieden Reputation.'
Das ist mehr als nur eine schmissige Metapher. Wenn einer wie Jain die Stimme erhebt, sollte jeder aufhorchen, der sich mit BWL befasst – der Mann gehört zur weltweiten A-Prominenz der Betriebswirtschaftler: Das Insead, dem Jain seit knapp einem Jahr als Dean vorsteht, ist eine der angesehensten Manager-Ausbildungsstätten der Welt.
So wie Jain haben viele Repräsentanten der BWL ihren früher oft gezeigten Uns-gehört-die-Welt-Habitus abgelegt und gehen nun gebeugteren Hauptes durch die Welt. Manch prominenter Ökonom meldet gar öffentlich Zweifel am eigenen Fach an: Ulrich Döring, Professor an der Universität Lüneburg, ließ sich kürzlich mit dem Vortragstitel 'BWL in der Krise' vor großem Publikum hören.
Die neue Demut der Betriebswirtschaftler ist nicht zuletzt eine Folge der Finanzkrise. Die hat das Ansehen des einstigen Musterfachs angekratzt, den Optimierungsregeln der BWL wird Mitschuld daran gegeben, dass Börsen und Betriebe reihenweise zusammenbrachen. Vor allem die immer neue Jagd nach dem schnellen Vorteil, nach noch mehr Effizienz, wird seit der Krise viel kritischer gesehen. 'Die Betriebswirtschaftslehre hat sich jahrzehntelang vom amerikanischen Management-Modell dominieren lassen', moniert zum Beispiel Professor Burkhard Schwenker, Chairman der Unternehmensberatung Roland Berger.
Extras:- BWL-Kritiker Roland Deiser im Interview: 'Die Lehre muss sich radikal erneuern'
- Literaturtipp: Kurzrezension eines Buches über ein neues Management-Konzept