Was haben wir uns damals einen gefeixt, als Günter Ogger in seinen „Nieten in Nadelstreifen” genüßlich die Verfehlungen des deutschen Top-Managements ausschlachtete. Wie nannte er sie doch gleich noch, die Kaste der Manager? Einen Hort der Inkompetenz? Ach, das war Wasser auf unsere Mühlen. Besonders auf die Mühlen jener, die unter dem Joch dieser Oligarchie zu leiden haben. Die schon am Sonntagabend die große Flatter kriegen bei dem Gedanken, morgen wieder ihrem Großinquisitor begegnen zu können.
Wir, die wir Insiderwissen aus jahrelanger Industriepraxis mitbringen, und als Presseleute Lust und Frust während und nach den Meetings mit den Großkopfeten erlebt und erlitten haben, hätten dem Ogger gleich noch einen Folgeband diktieren können. Aber einmal gebundene Haue über 266 Seiten reicht. Wer länger persönlich im Dunstkreis der Mächtigen agiert hat, weiß nämlich, daß es hinter ihrem omnipotenten Habitus menschelt. Und wie. Für den Beobachter ist dies erfrischend und desillusionierend zugleich. Für den Betroffenen aber sind emotionale Eruptionen Schwäche – so er nicht gerade einen outcast abwatscht, verbal, versteht sich. Und das Thema „Schwäche” ist im oberen und ganz besonders im Top-Management tabu.
In einer früheren Blackbox fiel einmal der fatalistische Satz: „Erwarten wir von Menschen keine göttlichen Eigenschaften”. Die Crux ist nur, daß sich die Kaste der Manager in persönlichen Krisen- und Konfliktsituationen dennoch eisig und einsam darum bemüht. Sie sind es gewohnt, schnelle und richtige Entscheidungen zu treffen. Doch im persönlichen Bereich sind sie damit oft einfach überfordert.
Nicht, daß Manager von Haus aus persönliche Schwierigkeiten schlechter bewältigten als andere. Oder mehr darunter litten. Nein, sie stehen nur viel stärker unter dem Druck, alleine damit fertig zu werden. Das macht sie zu einsamen Wölfen. Ihre Welt, und das verlangen ihre Kollegen und das erwartet auch die Gesellschaft, muß in Ordnung sein. Sonst ist es aus mit der Karriere. Wessen Welt aber ist schon intakt? Besonders die Welt der Erfolgs- und Machtmenschen hat ihre Schattenseiten. Sie sind oft, wie es der Münchner Kommunikationsvirtuose Günter F. Gross einst formulierte, „beruflich begütert, aber privat verarmt”. Und da beginnt der Teufelskreis, der Selbstbetrug, die große Lebenslüge…