Wir sprechen. Alle. Immer. Laut oder in Gedanken. Keiner entkommt der Sprache, zumindest nicht ohne zugleich auch jeden Realitätsbezug zu verlieren. Für Ludwig Wittgenstein ist Sprache nicht einfach Mittel zum Zweck der Verständigung. Sprache ist für ihn ein Existenzial: Denn was wir für die Welt halten, unsere Aufgabe, an der wir uns täglich abarbeiten, unser Leben – nichts davon ist einfach nur das, was es ist. Nichts ist für sich faktisch gegeben und vorhanden. Erst mit den Namen, die wir den Dingen geben, den Begriffen, mit denen wir sie zu fassen suchen, und den Bedeutungen, die wir ihnen zuweisen, erzeugen wir einen Wirrwarr von 'Sprachspielen', die uns Realität mehr vorgaukeln als erschließen. Man meint zu denken und wird gedacht, von der Sprache, die man benutzt. Wittgenstein spricht von der 'Verhexung unseres Verstandes durch die Mittel der Sprache'. Mit den Mitteln der Philosophie will er dagegen ankämpfen.
Denn wenn es nach Wittgenstein geht, reden wir zuviel. Und gleichzeitig wissen wir viel zu wenig, was wir dabei tun. 'Wovon man nicht reden kann, darüber muss man schweigen', fordert Wittgenstein. Machen wir aber nicht. Statt den Mund halten, flüchten wir in nur umso mehr Worte, um über unsere Ahnungslosigkeit hinwegzutäuschen. Doch dieser lässige Umgang mit der Sprache kann gefährlich werden. So viel man mit Sprache auch erreichen kann, so nützlich und mächtig sie ist – nichts kann uns mehr in die Irre führen, nichts auswegloser in Widersprüche verwickeln. Nur durch Sprache sind Lügen möglich. In der Welt der Worte, in der selbst körperliche Regungen und Bewegungen in Sprache übersetzt werden, kann man alles verstehen und trotzdem nicht sicher sein, was wirklich vor sich geht.
Extra:- Infokasten: Ludwig Wittgenstein - Leben und Werk, mit Literaturhinweisen