Eigentlich hätte das Buch mit einer Warnung versehen sein sollen: 'Vorsicht, dieses Werk könnte Ihren derzeitigen Job gefährden.' Denn viele Leser zogen aus der Lektüre von 'Fünfunddreißig', dem Erstlingsroman von Rolf Dobelli, handfeste Konsequenzen. 'Ich habe Dutzende E-Mails von Managern bekommen, die mir schrieben, sie hätten nach der Lektüre ihren Job an den Nagel gehängt', erinnert sich der in Luzern lebende Schriftsteller.
In 'Fünfunddreißig' sitzt ein Manager – Gehrer – an einem nasskalten Tag im Nieselregen auf einer Parkbank am Genfer See. Und das, obwohl er eigentlich in seinem Büro sein, Geburtstagsglückwünsche entgegennehmen und sich für ein (nicht vorhandenes) Harvard-Zertifikat feiern lassen sollte. Aber Gehrer steckt in einer kapitalen Sinnkrise. Wie er so dasitzt, wird der Leser Zeuge einer Kette von Gedanken, die dem Manager durchs Hirn ziehen – assoziativ, sprunghaft, zuweilen schräg – und höchst desillusioniert. Darin hat sich wohl mancher Leser wiedererkannt. Vielleicht hat es der in Lebenszweifeln befangene Antiheld Gehrer vielen auch einfach leichter gemacht, sich endlich das eigene Leiden am Job einzugestehen.
Dobelli spricht mit seinem Buch Führungskräfte auf eine kluge, das eigene Denken anregende Art an und ist dabei dennoch unterhaltsam. Er schafft etwas, was vielen Ratgeberautoren so nicht gelingt: Er berührt seine Leser emotional auf einer tiefen Ebene. Und bei all dem wirkt seine Fiktion real und wahrhaftig. Das wiederum unterscheidet sie von den eigens zur Belehrung von Managern geschriebenen sogenannten Business Novels, in denen Managementexperten ihre Erfolgslehren in eine Erzählung kleiden. Die Geschichten sind meist glatt, flach, simpel, mit Happy-End-Garantie – und schon deshalb nicht jedermanns Sache.
Extras:- Lesen aus Leidenschaft: Vier Manager und ihre Lieblingsbücher
- Literaturtipps: Kurzrezensionen von vier Büchern, die sich Zusammenhängen von Management und Literatur widmen