Führung

Kulturveränderung aus systemtheoretischer Perspektive
Kulturveränderung aus systemtheoretischer Perspektive

Wandel über Bande

Die Kultur ist vor allem deshalb so ein wichtiger Faktor in Unternehmen, weil sie Trampelpfade des Handelns beschreibt, die oft schneller und wirksamer sind als die offiziellen Wege. Sie kann aber auch zum Problem werden – nämlich dann, wenn sie nicht mehr passt. Sie zu ändern ist eine der härtesten Nüsse für Führung, da dies nicht direkt möglich ist, sondern nur indirekt, sozusagen über Bande.

Preview

Ideologische Klarheit: Warum Leitlinien-Formulierungen bei Mitarbeitenden nicht verfangen

Kultur als Bündel unentscheidbarer Entscheidungsprämissen: Warum Kulturveränderung über Leitlinien ein Widerspruch in sich darstellt

Narrativer Rahmen der Veränderung: Warum es wichtig ist, bestehende kulturelle Erfolgsfaktoren wertzuschätzen und die emergente Natur der Kultur zu erklären

(Verhaltens-)bewertende Werte: Wie sich Kultur in die Beobachtung und in die Kommunikation bringen lässt

Werte im Quadrat: Wie sich die wesentlichen Werte einer Organisation identifizieren und ihre Paradoxien thematisieren lassen

Entscheidbare Entscheidungsprämissen: Der größte (indirekte) Hebel für die Kulturveränderung


Cover managerSeminare 309 vom 17.11.2023Hier geht es zur gesamten Ausgabe managerSeminare 309

Die Unternehmenskultur, verstanden als die Summe der ungeschriebenen Regeln einer Organisation, ist prägend für den Alltag in Organisationen. Ein Großteil all dieser (kulturellen) Muster hat sich emergent durchgesetzt und aus guten Gründen stabilisiert – ähnlich wie bei Trampelpfaden über eine Wiese, die eine Abkürzung darstellen, im Vergleich zu den gepflasterten (Um-)Wegen. Führung ist also gut beraten, jede kulturelle Praxis zunächst wohlwollend zu betrachten und sich zu fragen, welche nicht gesehene Funktion dahinterstecken könnte. Doch Kultur ist nur so lange gut, bis sie nicht mehr passt. Und dann kann es gefährlich werden, da Kultur den nicht hintergehbaren Spielraum von Organisationen definiert, oder, wie ein unbekannter Autor – jedenfalls nicht Peter Drucker – es ausdrückte: „Culture eats strategy for breakfast.“

Genau deswegen ist es wichtig, für die Führung von Organisationen die Kultur im Blick zu haben, mit ihr zu rechnen. Weil Kultur als – um es in Niklas Luhmanns Worten zu sagen– unentscheidbare Entscheidungsprämisse (der Begriff wird weiter unten aufgebröselt) nicht direkt, sozusagen hart verändert werden kann, ist sie eine der härtesten Nüsse für Führung. Was also tun, wenn man kulturellen Handlungsbedarf entdeckt hat, wenn etwas in der Kultur im Argen liegt, sie nicht mehr (voll und ganz) passt?

Ein klassischer Reflex von Führungskräften in solchen Fällen besteht darin, das Problem bei den Mitarbeitenden zu verorten, denen ein „falsches Verhalten“ aufgrund einer „falschen Haltung“ unterstellt wird. Und so liegt es dann nahe, diesem „Fehler“ mit der Formulierung eines Leitbildes zu begegnen, in dem all die positiven Werte aufgelistet werden, an die sich doch bitte alle halten sollten. Damit es auch alle gehört haben und um die Mitarbeitenden mitzunehmen, werden Trainings durchgeführt, in denen das gewünschte Denken vermittelt wird. Die passende Botschaft wird in Cultural Workshops, auf Plakaten und Kaffeetassen laut kommuniziert.

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