Schon Bertolt Brecht ahnte, dass die Fähigkeiten von Führungskräften gern überschätzt werden – spottete er doch 1935 in seinem Gedicht 'Fragen eines lesenden Arbeiters' über den Mythos antiker Feldherren: 'Der junge Alexander eroberte Indien. Er allein? Cäsar schlug die Gallier. Hatte er nicht wenigstens einen Koch bei sich?' Doch so recht er auch mit seiner Kritik an der gängigen Verklärung großer Männer hatte, betrieben wird sie bis heute: Sei es, dass Jürgen Schrempp 'eine Welt-AG schmiedet' oder Wendelin Wiedeking 'Porsche rettet' (oder auch nicht).
Wer die Wirtschaftspresse der vergangenen Jahre studierte, bekam Heldenmythen en masse serviert – ganz so, als sei es der einzelne Topmanager, der allein die Geschicke von Imperien lenkt, und zwar auch in einer globalisierten, hochgradig vernetzten und immer komplexer werdenden Wirtschaftswelt.
Angesichts der aktuellen Wirtschaftskrisen sind die Heldengeschichten seltener geworden. Derzeit zeigt sich eher die Kehrseite der Medaille, werden eher Beispiele von Führungsversagen präsentiert, von Bankern ebenso wie von angesehenen Firmenpatriarchen oder braven Mittelständlern.
Was ist los mit unseren Helden? Sind sie nur müde? Oder könnte es sein, dass wir in dieser Krise mit unserer Nase direkt auf ein Problem gestoßen sind, das uns zwingt, die Welt der Wirtschaft mit neuen Augen zu sehen?
Tatsache ist: Management allein kann Komplexität nicht bewältigen. Eine ungewisse Zukunft, der Overkill an Informationen, die zunehmende Unüberschaubarkeit von Zusammenhängen verdichten sich zu einem Wust an Problemstellungen, die der Einzelne kaum mehr durchschaut. Wir müssen deshalb von unserer Überzeugung abrücken, dass 'die da oben' es jetzt richten müssen. Denn das können sie schon seit geraumer Zeit nicht mehr.
Extras:- Austausch statt Tratsch, mitdenken können, transparente Entscheidungen – Elf Merkmale, an denen man gute Kooperation erkennt
- Literaturtipps: Kurzrezension des aktuellen Buchs von Frank Schäfer und Hinweis auf einen Fachartikel über Organisationsbewusstsein