Im Trainingsalltag gibt es immer wieder Situationen, die den Trainer zum Wahnsinn treiben könnten. Da ist der Aggressive, der jede Frage als Anklage formuliert. Da gibt es die Quasselstrippe, die jede Erklärung des Trainers mit einer Anekdote aus ihrem eigenen Leben bereichert. Und da ist der Besserwisser, der das Seminar lieber selbst geleitet hätte und dem Trainer nun fortwährend erklärt, wie dieser seinen Job zu erledigen hat.Wie Trainer mit solchen Teilnehmern umgehen können, ist Gegenstand vieler Train-the-Trainer-Seminare. Mit einfachen Rezepten für schwierige Seminarsituationen und Teilnehmer ist es dabei nicht getan. Denn pauschal läßt sich überhaupt nicht sagen, welcher Teilnehmer für einen Trainer schwierig ist und welcher nicht.
Auch fällt die konfliktträchtige Situation oftmals alles andere als vom Himmel: Nach Ansicht von Peter Harriefeld, Trainer bei Klett WBS, Stuttgart, sind sogar 90 Prozent der Verhaltensweisen von Seminarteilnehmern vorhersehbar. Häufig ist die schwierig empfundene Situation Folge einer schlechten Vorbereitung oder eines unprofessionellen Seminarstarts. 'Die intelligenteste Art im Umgang mit schwierigen Situationen ist die Präventiv-Arbeit, also die Vermeidung', erklärt Stefan Jehn, Geschäftsführer von Neuland & Partner, Künzell. Der Trainer müsse seine Hausaufgaben bereits vor dem Seminar machen und eine saubere Kontraktklärung mit dem Auftraggeber betreiben.
Nichts anderes als Präventiv-Arbeit in Sachen Konfliktmanagement ist auch der Start ins Seminar. Der Trainer tut gut daran, gleich zu Anfang die Erwartungen der Teilnehmer zu erfragen, Ziele des Seminars sowie Spielregeln für die Zusammenarbeit gemeinsam mit ihnen festzulegen. Das macht Störungen leichter handhabbar und heißt: Nicht allein der Trainer ist verantwortlich für den Seminarerfolg, sondern alle Teilnehmer tragen Verantwortung.
Kommt es trotz aller guter Vorbereitung zu schwierigen Situationen, sollte sich der Trainer nach Ansicht von Wolfgang Rosenkranz, Vorstandsvorsitzender der Team Connex AG in Böblingen, immer vergegenwärtigen, dass hinter jedem Verhalten eines Teilnehmers grundsätzlich eine positive Absicht steckt. So kann der Trainer Konflikte und Störungen als durchaus positiv für das Seminar, seinen Verlauf und die Zielvereinbarungen betrachten.
Konflikte als Chance zu sehen, bedeutet auch, dass die Einstellung des Trainers stimmen muss. Keinesfalls dürfe sich der Trainer verleiten lassen, den Teilnehmer vorschnell als streitsüchtig, unmotiviert etc. abzustempeln. Sonst verhält sich der Teilnehmer irgendwann so wie erwartet. Angelika Hamann spricht in diesem Fall von einer sich selbsterfüllenden Prophezeiung. 'Wer Angst vor Hunden hat, wird garantiert gebissen!', ist die Fachfrau überzeugt.
Beitrag von Nicole Bußmann, Stefan Jehn, Peter Harriefeld, Angelika Hamann, Wolfgang Rosenkranz aus managerSeminare 39, November 1999